Lars Konen
Dipl.-Ing. (FH) Landschaftsentwicklung M. sc. Bodennutzung & Bodenschutz Lars Konen. ©Privat

Böden erfüllen bedeutende Funktionen im Naturhaushalt, sind Grundlage der Landwirtschaft und stellen eine nicht erneuerbare, in vielfältiger Art und Weise gefährdete Ressource dar. 1999 ist das Bundes-Bodenschutzgesetz (BBodSchG) inkraftgetreten. Hinzu kommen die Bodenschutzgesetze der Bundesländer. Inwieweit diese Gesetze in der Realität tatsächlich dem Bodenschutz gerecht werden, dazu befragte ahabc.de Herrn Lars Konen, Dipl.-Ing. (FH) Landschaftsentwicklung und M. sc. Bodennutzung & Bodenschutz. Er betreibt die Internetseite http://www.bodentypen.de/. Beruflich arbeitet er aktuell bei der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) in Hannover an der Neuauflage des Projektes „Fortschreibung bundesweiter Hintergrundwerte für anorganische Stoffe in Böden“.

In den deutschen Gesetzgebungen zum Bodenschutz ist der Umgang mit dem Boden im Detail geregelt. So zum Beispiel, was die Lagerung von Bodenaushub bei größeren Baumaßnahmen und der Umgang mit Schadstoffen betrifft. Schaut man sich auf Großbaustellen um, so scheint es in der Realität anders zuzugehen. Besteht nach einem Unfall mit Gefahrstoffen die unmittelbare Gefahr einer Gewässerkontamination, steht in der Regel ein Großaufgebot an Einsatzkräften bereit (Feuerwehr, THW), häufig begleitet von den Medien. Platzt hingegen der Hydraulikschlauch eines Baustellenfahrzeuges oder stürzen korrodierte Chemikalienfässer vom Transportfahrzeug auf den Boden, so scheint das (nachweislich) für wenig Aufregung zu sorgen. Auch in vielen anderen Situationen wird auf Baustellen kaum das beachtet, was Bodenschutzgesetze fordern. Selbst Kommunen lassen illegal abgelagerten Erdaushub ohne weitere Untersuchungen durch Geländemodellierungen verschwinden, anstatt ihn ordnungsgemäß zu entsorgen. Woran liegt das? Und wie kann man das ändern?

Lars Konen: Der Boden und der Schutz der Böden steht leider oft nicht im Fokus des öffentlichen Interesses. Dies zeigte sich mir vor kurzem erneut dadurch, dass ich einem Fachfremden meine Internetseite vorstellte. Sein Zitat: „Ich wusste gar nicht dass es so viele Bodenarten gibt“. Würden die Gefahren, denen der Boden ausgesetzt ist, stärker im Mittelpunkt stehen, könnte meiner Meinung nach auch der Druck auf die Entscheidungsträger erhöht werden. Dies könnte langfristig zu einem erhöhten „Bodenbewusstsein“ führen.

Die Bodenschutzgesetze gelten auch im privaten Bereich (z. B. Waldeigentümer, Kleingärtner, Bauherren mit Reihenhausgarten). Es ist davon auszugehen, dass kaum eine Privatperson detaillierte Kenntnisse von diesen Gesetzen hat. Wie kann also der Bodenschutz und somit letztendlich auch der Grundwasserschutz im privaten Bereich von behördlicher Seite gewährleistet werden.

Lars Konen: Hier gilt ebenfalls das bereits Gesagte. Durch Informationsfluss könnte man hier mit Sicherheit einiges erreichen. Denn Bodenschutz ist in weiterem Sinne auch Selbstschutz. Meiner Meinung nach ist eine Verschärfung der Gesetzgebung nicht unbedingt erforderlich, mit Ausnahme von Grenzwerten bei anorganischen und organischen Schadstoffen. Doch sollte deren Einhaltung auch kontrolliert werden. Insbesondere auf Baustellen könnte viel Schaden verhindert werden.

Zum Thema Landwirtschaft ist im Bundesbodenschutzgesetz folgendes zu lesen: „Grundsätze der guten fachlichen Praxis der landwirtschaftlichen Bodennutzung sind die nachhaltige Sicherung der Bodenfruchtbarkeit und Leistungsfähigkeit des Bodens als natürlicher Ressource. Zu den Grundsätzen der guten fachlichen Praxis gehört insbesondere, dass 1. die Bodenbearbeitung unter Berücksichtigung der Witterung grundsätzlich standortangepasst zu erfolgen hat, 2. die Bodenstruktur erhalten oder verbessert wird, 3. Bodenverdichtungen, insbesondere durch Berücksichtigung der Bodenart, Bodenfeuchtigkeit und des von den zur landwirtschaftlichen Bodennutzung eingesetzten Geräten verursachten Bodendrucks, so weit wie möglich vermieden werden, 4. Bodenabträge durch eine standortangepasste Nutzung, insbesondere durch Berücksichtigung der Hangneigung, der Wasser- und Windverhältnisse sowie der Bodenbedeckung, möglichst vermieden werden“. Doch Erosion und Bodenverdichtungen auf landwirtschaftlich genutzten Flächen sind allgegenwärtig. Ist der Gesetzestext also realitätsfern, kaum in der Praxis umzusetzen?

Lars Konen: Ich glaube nicht, dass die Texte realitätsfern sind. Denn beispielsweise das Pflügen quer zur Hangneigung ist kein Zauberwerk. Doch bei der Entlastung des Drucks auf den Boden gestaltet sich die Situation schon schwieriger. Ich kann mir vorstellen, dass es manchmal einfach zeitlich nicht ausreicht auf bessere Witterung zu warten „nur damit der Boden geschont wird.“ Zeit ist Geld. Dennoch sind die Hinweise zur korrekten bodenschonenden Bearbeitung sehr hilfreich. Die neueren landwirtschaftlichen Maschinen sind auch schon mit der Technik ausgestattet, dass der Reifendruck automatisch an das Ladegewicht und die Bodenverhältnisse angepasst wird. So kann Bodenschutz auch technisch vorangetrieben werden.

Häufig wird bei Baumaßnahmen von den Genehmigungsbehörden eine bodenkundliche Baubegleitung gefordert. In der Praxis trifft man jedoch in vielen Fällen kaum einen Fachmann vor Ort an, wie die Erfahrung zumindest lehrt. Würde bei größeren Bauprojekten eine strengere und vor allem kontinuierliche bodenkundliche Baubegleitung die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften verbessern? Ist dies vom Aufwand her (zeitlich, finanziell) überhaupt machbar?

Lars Konen: Ich glaube schon, dass eine bodenkundliche Baubegleitung die Situation für den Bodenschutz auf Baustellen verbessern kann. Allerdings muss das Investitionsvolumen des Bauvorhabens groß genug sein, damit eine fachkundige Betreuung überhaupt bezahlt werden kann. Wenn eine bodenkundliche Baubegleitung rechtzeitig vor der Entstehung von Problemen eingeschaltet wird, dürfte auch das zeitliche Problem bei der Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands gelöst sein. Der Fachmann muss gut in die Vorgänge auf der Baustelle eingebunden sein.

Wie können Privatleute, die einen Garten hinterm Haus oder z. B. einen Schrebergarten für den Eigenbedarf bewirtschaften, zum Bodenschutz beitragen?

Lars Konen: Wird beispielsweise regelmäßig der pH-Wert des Bodens beobachtet, kann die weitere Verbreitung von Schadstoffen wie Cadmium ins Grundwasser stark reduziert werden. Wird der pH-Wert auf ca. 6,5 eingestellt sind sehr viele Schadstoffe immobil und werden auch nicht von Pflanzen aufgenommen. Darüber hinaus sollte nicht mit Ofen- oder Kaminasche gedüngt werden. Hierin können ebenfalls verschiedene Schadstoffe angereichert sein, die so in den Boden gelangen. Es sollte auch immer nur so viel gedüngt werden wie die Pflanzen aufnehmen können. Auskunft hierüber kann man sich bei der Landwirtschaftskammer besorgen.

Würde es Sinn machen, das Thema Bodenschutz und Bodenschutzgesetze in den Erdkunde- oder auch Biologieunterricht höherer Schulen als festen Unterrichtsbestandteil zu integrieren, vielleicht sogar zentrale Punkte der Gesetzgebung als Prüfungsfragen zu formulieren? Damit würde zumindest die Tatsache in das Bewusstsein gerückt, das der Umgang mit Boden gesetzlich geregelt ist, dieser also kein „Dreck“ ist, mit dem man umgehen kann wie man gerade möchte.

Lars Konen: Der Bodenschutz sollte in jedem Fall in den Unterricht integriert werden. Es ist von grundlegender Bedeutung, dass diese wichtige Ressource, die für die Ernährung der Menschheit erforderlich ist, geschützt wird. Und nur was man kennt und beachtet kann auch geschützt werden. Zentrale Punkte der Gesetzgebung abzufragen kann die Situation vielleicht verbessern. Aber hierbei sollte darauf geachtet werden, dass das Thema nicht Oberlehrerhaft vermittelt wird. Sonst wird das Gegenteil erreicht.

Ahabc.de dankt Lars Konen für die informativen Antworten und wünscht ihm weiterhin viel Erfolg bei seiner Arbeit.