Klasse: Lessivés (≈ WRB Luvisols)

Böden mit Ah/Al/Bt/C-Profil

Parabraunerde aus Löss
Parabraunerde aus Löss bei Hofheim am Taunus. ©Karl-Josef Sabel

Typische oder Normparabraunerden (Lessivés von französisch lessivage = ausgewaschen) weisen infolge einer Tonverlagerung ein Ah/Al/Bt/C-Profil auf. Parabraunerden entwickeln sich häufig in mergeligen Lockergesteinen (Kalk-Lehm Gemisch) oder im Löss. Der an Ton verarmte Al-Horizont einer Parabraunerde [von griechisch para = neben, abweichend (von der Braunerde)] kann mehrere Dezimeter mächtig sein. Im Tonanreicherungshorizont (Bt-Horizont) sind unter der Lupe so genannte Ton-Cutane (z. B. Tonbeläge an Aggregatoberflächen) zu sehen. Die Tonverlagerung erfasst insbesondere Tonminerale, wobei auch Oxide und Hydroxide und primäre Silikate in den Unterboden verlagert werden. Der Tonverlagerungsprozess beginnt mit der Entkalkung bzw. nach Auswaschung der Ca++-Ionen bei gleichzeitiger Abnahme des pH-Wertes auf etwa 5.0-7.0. Dadurch erfolgt die Peptisation oder Auflösung von koagulierten (zusammengeklumpten) Tonteilchen, was die Abwärtsverlagerung durch Sickerwasser ermöglicht. Bei sehr guter Durchlässigkeit (starke Perkolation) des Substrates kann auch eine Verlagerung des Tons im koagulierten Zustand in gröberen Bodenporen und entlang von Schrumpfungsrissen oder Wurzelkanälen erfolgen.

Im Unterboden wird der verlagerte Ton angereichert (Bt-Horizont). Das kann z. B. durch Ausflockung aufgrund einer höheren Ca++-Ionen-Konzentration (z. B. carbonathaltiger Rohlöss im Substrat), durch blind endende Hohlräume oder durch Ablagerung an Hohlraumwänden bei Austrocknungsvorgängen erfolgen. Der Tongehaltsunterschied zwischen an Ton verarmtem Al-Horizont und Bt-Horizont kann in Lössgebieten 20% und mehr betragen. Der im Unterboden angereicherte Ton bildet nicht selten eine für Wasser undurchlässige Schicht. Diese Anreicherung kann zur Staunässe und zum Subtyp Pseudogley-Parabraunerde (Ah/Sw-Al/Sd-Bt/C-Profil) oder zum Parabraunerde-Pseudogley (Ah/Al-Sw/Bt-Sd/C-Profil) führen. Tonverlagerung ist der entscheidende Vorgang zur Entwicklung von Parabraunerden und zählt zu den Translokationsprozessen (von lateinisch „transferre“ = versetzen, hinübertragen und „locus“ = Ort).

Zweischicht-Parabraunerde
Profil Phänoparabraunerde: L/Of/Ah/Al/IIBtv/IIIilCv/IVilCv. Das Profil befindet sich auf dem Taunuskamm (Rheinisches Schiefergebirge) nördlich der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden in etwa 460 m Höhe. Die Humusform ist F-Mull unter einer Vegetation aus Rotbuche (Fagus sylvatica) und Hainsimse (Luzula luzuloides). Bodenform: Oligotrophe Phänoparabraunerde aus stark lösslehmhaltiger, grusführender Hauptlage LH über tonreicherer, stark lösslehmhaltiger, grusführender Mittellage LM über mehrgliedriger Basislage LB (LB 1, LB 2) aus Tonschiefer und Sandstein (Grauwacke) über anstehenden Bunten Schiefern. Das Profil zeigt leichte, schwach erkennbare Rostfleckung, den Hauptwurzelraum bildet die Hauptlage. ©Alexander Stahr
Pseudogley-Parabraunerde
Der im Unterboden angereicherte Ton oder eine primär tonreichere Mittellage bildet bei Parabraunerden nicht selten eine für Wasser undurchlässige Schicht. Diese Tonanreicherung kann zu Staunässe und zum Subtyp Pseudogley-Parabraunerde mit Ah/Sw-Al/Sd-Bt/C-Profi) führen. Das Foto zeigt ein aufgegrabenes Schauprofil einer Pseudogley-Parabraunerde im Nationalpark Kellerwald-Edersee. ©Alexander Stahr

Neben den Parabraunerden aus Löss oder z. B. Mergeln, gibt es noch geschichtete Parabraunerden im Bereich periglaziärer Lagen oder Solifluktionsschuttdecken, wo die primär gegenüber der Hauptlage (LH) tonreichere Mittellage (LM) in geschützten Reliefpositionen (z. B. konkave Hangbereiche) erhalten ist. Der höhere Tongehalt in der Mittellage ist in Anbetracht der Untersuchungen von Müller (2011) an Böden im Spessart sehr wahrscheinlich auch in anderen Regionen auf die solifluidale Einarbeitung von Bt-Material älterer Bodenbildungen in die Mittellage zurückzuführen. Der deutliche Unterschied im Tonanteil ist demnach bereits in der Mittellage vorhanden gewesen, bevor die Hauptlage gebildet wurde und ist heute somit schichtungsbedingt. Im Fall von Böden aus Hauptlage über Mittel- und Basislage (LB) kann man aufgrund der schichtungsbedingten Tongehaltszunahme (wenngleich auch bei diesen Böden eine gewisse Tonverlagerung innerhalb der Hauptlage stattfand) von Zweischicht- oder Phänoparabraunerden mit einem Ah/Al/IIBt(Btv)/IIIilCv-Profil sprechen. Die diese Bezeichnung ist zwar wissenschaftlich anerkannt, doch ist sie bislang namentlich weder in der Bodenkundlichen Kartieranleitung (AG Boden 2005) noch in Kartenwerken und deren Erläuterungen zu finden. Parabraunerden zählen neben Braunerden mit zu den häufigsten Bodentypen Eurasiens und Nordamerikas. In Europa finden sie sich oft in Lössgebieten und glazial geprägten Regionen (Moränenlandschaften) sowie im Periglazialraum bei vorkommen der Mittellage.

Nutzung

Parabraunerden sind meist nährstoffreich und besitzen eine hohe nutzbare Feldkapazität. Sie sind gut durchlüftet. Oberflächliche Verschlämmung bei Schluffreichtum kann jedoch den Gasaustausch zeitweise einschränken, der Bt-Horizont kann u. U. zu Staunässe führen. Schluffreiche Parabraunerden aus Löss neigen bei fehlender Vegetationsbedeckung zudem zur Bodenerosion. Für Zuckerrüben und Weizen ist der Boden in der Regel optimal. Um einer Verschlämmung entgegen zu wirken, sollte Mulchsaat angewendet werden. Parabraunerden sind Böden mit höchstem Nährstoffausnutzungsgrad. Die Auswaschungsgefahr für Nährstoffe (abgesehen von Erosion) ist gering und Spurenelementmangel ist meist nicht zu befürchten. Kalk- (und Magnesium-) Düngung ist wichtig bei hohen Niederschlägen. Eine organische Düngung wirkt der Verschlämmungs- und Erosionsneigung des schluffreichen Oberbodens von Parabraunerden aus Löss entgegen. Die Versorgung mit pflanzenverfügbarem Wasser und der Gehalt an Nährstoffen in Löss-Parabraunerden ist meist vergleichsweise gut, sie werden daher überwiegend ackerbaulich genutzt. Zweischicht- oder Phänoparabraunerden stellen gute Waldstandorte dar.

Literatur:
Müller, S. (2011): Neue Erkenntnisse zu periglaziären Lagen und Pedogenese im hessischen Spessart.- Online-Publikation, Institut für Physische Geographie der Goethe Universität Frankfurt am Main.