Klasse: Terrestrische anthropogene Böden (≈ WRB Anthrosols)

Böden mit R/C-Profil

Weinbergboden
Rigosol. ©Karl-Josef Sabel

In den Weinanbaugebieten ist ein Boden aus Menschenhand verbreitet: der Rigosol [von Tiefpflügen, was als Rigolen (von französisch rigole = Rinne) oder früher als Rajolen oder Rejolen bezeichnet wird bzw. wurde]. Es handelt sich dabei um einen „künstlichen“ Boden der Weinberge, der durch tief greifendes Umschichten von Bodenmaterial (Rigolen) entsteht. Fast alle Weinberge werden vor der Neuanlage nach einer Brachezeit rigolt. In vergangenen Zeiten erfolgte dies in Abständen von etwa 30 bis 80 Jahren. Doch seit Mitte des 19. Jahrhunderts führte die Reblaus (Viteus vitifoliae) im Weinbau Europas zu folgenschweren Verwüstungen. Die Winzer mussten sich auf gegenüber der Reblaus resistente Rebsorten umstellen, wodurch die Weinberge alle 20 bis 40 Jahre neu angelegt werden. Das Rigolen erfolgte bis in die fünfziger Jahre fast ausschließlich durch Handarbeit. Und zwar bis in Tiefen von einem Meter. Heute wird in der Regel mit speziellen und sehr teuren Rigolpflügen in Tiefen von 40 bis 80 Zentimetern gearbeitet.

Rigosol
Rigosol aus Kolluvium über Braunerde (Hauptlage) aus Terrassensand des Mains. Der obere Abschnitt des Bodens wird gepflügt (R-Ap-Horizont). Standort: Weinanbaugebiet Hochheim am Main (Hessen). ©Alexander Stahr

Durch diese wiederholten und tiefgründigen Rigolarbeiten wurde die natürliche Horizontabfolge der Weinbergböden zerstört und miteinander vermischt, das Ergebnis bezeichnet man als R-Horizont (R von Rigolen). Wo Weinbergböden nur geringe Mächtigkeit besitzen, wurde und wird beim Rigolen auch unverwittertes Gestein erfasst und dem R-Horizont beigemischt. Zur Verbesserung des Bodens, aber auch um Erosionsschäden auszugleichen, wurde Boden- und Gesteinsmaterial (z. B. Löss, Mergel oder Schiefer) in den Weinbergen aufgebracht. Das geschieht auch heute noch in beachtlichen Mengen. Hinzu kommen größere Mengen an Kohlenschlacken, Trester, Schlamm und Kompost. Weinbergböden werden somit vor der Neuanlage von Grund auf völlig neu aufgebaut.

„Bereits den Römern waren die Effekte des Rigolens bekannt. In karolingischer Zeit (8.-9. Jahrhundert), als man die Mehrzahl der deutschen Reblagen erstmals mit Reben bepflanzte, wurde über einen Meter tief „gerodet“. Gründe für das Rigolen finden sich sehr drastisch beschrieben im Weinbaulehrbuch des Cannstatter Feldmessers Johann Michael Sommer aus dem Jahr 1791. Dieser erklärte den schlechten Wuchs abgängiger Rebflächen dadurch, dass „die Schuld bloß daran liege dass der Weinberg nicht tiefgenug umgeritten worden, dass also die zarten Wurzeln, wie es doch die Vernunft hätte lehren sollen, in einem so starken Boden nicht tief genug eingeschlagen worden, wodurch sie bey kaltem Wetter erfrohren, und bey dürrem Sommer verdorret sind“.

Rigosol
Rigosol aus marinen Cyrenenmergeln des Paläogens (oberes Oligozän). Der obere Abschnitt des Bodens wird gepflügt (R-Ap-Horizont). Standort: Weinanbaugebiet Hochheim am Main (Hessen). ©Alexander Stahr

Aus dem 17. Jahrhundert sind Rigolarbeiten überliefert, bei denen bis zu drei Meter tiefe Rigolgräben ausgehoben wurden. Rigolen war harte Knochenarbeit. Quer zum Hang wurde zunächst ein Rigolgraben ausgehoben und der Aushub mit der Erdenbutte nach oben geschafft. Anschließend wurde die hangaufwärtige Grabenwand unterhöhlt, so dass die Erde kopfüber in den Graben stürzte. Dieser Vorgang des Grabens und Unterminierens wurde so lange wiederholt, bis man am oberen Teil der Rigolfläche angekommen war und man den letzten halb gefüllten Rigolgraben mit dem zu Beginn gewonnenen Material einebnen konnte“ (Böhm et al. 2007).

Foto: Profil: R-Ap/R/IIR/IIIBtv/IVilCv (Tertiär). Die Böden der Weinberge sind nach vielen Jahren unter der Pflugsohle aber auch im Bereich der Fahrspuren von Schleppern und Erntemaschinen oft stark verdichtet was zu einem schlechten Gasaustausch führt. Rigosole sind nach gewisser Zeit an Humus verarmt und weisen ein Nährstoffungleichgewicht auf. Zudem kommt eine geringe biologische Aktivität. Vor allem auf alten Rebenstandorten zeigt sich daher eine stärkere Rebmüdigkeit mit einer zum Teil hohen Besatzdichte mit Schädlingen, den rebspezifischen Nematoden. Daher wird mit der Neuanlage eines Weinbergs der Boden durch Rigolen verbessert.

Literatur:
Böhm, P., Friedrich, K. & Sabel, K. J. (2007): Die Weinbergsböden von Hessen.- Umwelt u. Geologie, Böden und Bodenschutz in Hessen, 7: 35 S.; Wiesbaden.