Klasse: Stauwasserböden (≈ WRB Planosols, auch Luvisols, Agrisols und andere)

Böden mit Ah/S(e)w/(II)Sd-Profil

Pseudogley
Pseudogley bei Götzenhain, Landkreis Offenbach (Hessen). Unter einem etwa 40 cm mächtigen Ap-Horizont (p von Pflug) folgt der Sw-Horizont (Lösslehm) und der stauende Sd-Horizont aus Verwitterungsprodukten des Rotliegenden. ©Karl-Josef Sabel

Dort, wo das Wasser die Bodenentwicklung terrestrischer Böden entscheidend beeinflusste, fand der Prozess der Pseudovergleyung statt. Befindet sich im Boden eine Wasser stauende Schicht oder ein relativ dichter Horizont (Sd-Horizont, d von dicht), so staut sich im darüber befindlichen Wasser leitenden Bodenbereich, dem Sw-Horizont (w von Wasser leitend) das Niederschlagswasser. Dabei wird das oxidierte Eisen im Boden Fe(III) unter Sauerstoffmangel und unter Mithilfe von organischen Säuren aus dem Oberboden, die als Reduktoren wirken, zu löslichem Fe(II) reduziert. Gelangt es mit der Bodenlösung (Bodenwasser) durch Diffusion in das Innere von Aggregaten wird es durch den dort eingeschlossenen Sauerstoff wieder zu Fe(III) oxidiert und in Form von Rostflecken oder Konkretionen angereichert. Dabei kann es sich um rostfarbenen Goethit oder das orangefarbene Oxid Lepidokrokit handeln.

Pseudogley
Pseudogley aus Wasser leitender Hauptlage (LH = Ah und Sw-Horizont) über tonreicherer, stark marmorierter und Wasser stauender Mittellage (LM = IISd-Horizont) über Basislage (LB = III lCv-Horizont) bei Hofheim am Taunus (Hessen, Main-Taunus-Kreis). ©Alexander Stahr

Bei länger anhaltendem Wasserstau über einer undurchlässigen Schicht oder über einem stauenden Horizont entwickelt sich der Bodentyp des Pseudogleys oder Stauwasserbodens, der durch einen Wechsel von starker Staunässe und relativer Austrocknung geprägt ist. Die Oxidanreicherungen im Innern von Bodenaggregaten werden sichtbar, wenn der Boden beispielsweise mit dem Spaten aufgegraben wird, wobei Aggregate vom Spatenblatt angeschnitten werden und dann als Rostflecke oder Konkretionen erscheinen. Auch Mangan-Konkretionen treten auf. Die Außenflächen der Aggregate erscheinen gebleicht, wodurch der Boden vor allem im stauenden Bereich fleckig, marmoriert und gestreift erscheint. Nicht selten bildet der höhere Tonanteil der Bt-Horizonte von Parabraunerden eine Stausohle für das Niederschlagswasser, so dass es zum Prozess der Pseudovergleyung und zur Entwicklung des Bodentyps Pseudogley oder zum Subtyp Pseudogley-Parabraunerde bzw. Parabraunerde-Pseudogley kommt. Der Normpseudogley weißt ein Ah/Sw/IISd-Profil auf (WRB ist die Grenze zwischen Sw-Horizont und Sd-Horizont abrupt: Vertic, Arenic, Dystric, Eutric und Haplic Planosol; sonst Stagnic Luvisol, Stagnic Agrisol oder andere). Der Stauwasserboden ist durch das Kuratorium „Boden des Jahres“ zum Boden des Jahres 2015 gekürt worden.

Pseudogley
Pseudogley. ©Alexander Stahr
Pseudogley
Pseudogley. ©Karl-Josef Sabel

Foto links: Die typischen Merkmale eines Pseudogleys, hier die Marmorierung des stauenden Horizontes (IIBt-Sd-Horizont einer tonreichen Mittellage), kann man gelegentlich gut an den freiliegenden Wurzelballen von Fichten erkennen, die einem Sturm zum Opfer fielen (hier im Wald auf dem Taunuskamm bei Niedernhausen). Bei länger andauernder Staunässe im Unterboden wurzeln Fichten recht flach. Bei Sturm bietet der aufgeweichte Boden schlechten Halt. Daher sind diese Standorte zumeist stärker durch Windwurf gefährdet.

Dass die Fichte auf Pseudogleyen nur ungenügend Halt findet, hat im Wesentlichen zwei Gründe. Die Wurzelatmung eines gesunden Baumes erfordert grobe Poren im Boden. Der Unterboden von Pseudogleyen (Sd-Horizont) ist (aus welchen Gründen auch immer) in der Regel dicht gelagert, arm an Grobporen und nass. Es herrscht dort und auch häufig im mit Wasser erfüllten Sw-Horizont Sauerstoffmangel und Kohlenstoffdioxidüberschuss. Bei starkem Sauerstoffmangel und Überschuss an Kohlenstoffdioxid sterben die Wurzeln der Fichte ab. Daher bleiben sie so gut es geht nahe der Bodenoberfläche und bilden flache Wurzelteller aus. Zudem dringt die Wurzelspitze der Fichte bevorzugt in weniger Dichte Bodenhorizonte ein.

Der mit Wasser gesättigte und durchwurzelte Bodenbereich bietet bei starkem Wind nur ungenügend Halt, weil Wasser nicht komprimierbar ist. Sind die Poren des Bodens mit Wasser gesättigt, kommt es bei Druck auf die Baumwurzeln und somit auf den Boden durch starke Winde zur Nullreibung zwischen den Bodenbestandteilen und der Baum kann umstürzen. Seit mehreren Jahrzehnten ist die Forstwirtschaft daher bestrebt, wieder einen ökologisch stabilen Mischwald mit unterschiedlichstem Wurzelsystem und unterschiedlichster Wurzelenergie aufzubauen.

Stauwasser durch Viehtritt
Weidepseudogley. Durch die Trittbelastung im Bereich von Viehgangeln (Viehtreppen) wirkt die Trittspur als Wasserstauer. ©Alexander Stahr

Eine Besonderheit des Alpenraums und anderer Hochgebirge sind Alpine Weidepseudogleye und Alpine Pseudogleye. Durch die Trittbelastung im Bereich von Viehgangeln (Viehtreppen) wird der Boden bei feuchter Witterung durch das Weidevieh zerknetet, also völlig homogenisiert, man kann sagen in einen strukturlosen Brei verwandelt, sodass die Trittspur als Wasserstauer fungiert. Daher kommt es zu einer Nassbleichung im Oberboden (Reduzierung und Lösung der Eisenoxide des Bodens) mit Rostbelägen in Luft führenden Wurmgängen und Wurzelkanälen. Man bezeichnet solche Böden unter Trittspuren als Alpine Weidepseudogleye.

Ursachen für einen Wasser stauenden Unterboden

  1. Geologische Substratschichtung. Beispielsweise ein durchlässiges, sandiges Sediment über einer relativ undurchlässigen Schicht aus Ton oder Mergel (Mergel = Sediment aus Ton und Kalk).
  2. Translokationsprozesse. Die vertikale Verlagerung von Ton (Bt-Horizont von Parabraunerden) sowie von Eisen und Humus (Bs- und Bh-Horizonte von Podsolen) kann dazu führen, dass Bodenporen verstopft werden, so dass die betreffenden Horizonte Wasser stauend wirken.
  3.  Durch Bewirtschaftung. Beim Befahren von Äckern und Waldböden mit schweren Maschinen wird der Boden je nach Wassergehalt verdichtet oder homogenisiert, was zu Wasserstau und Vernässungen führt. Auch Viehtritt (Rinder) im Bereich Isohypsen paralleler Trittspuren (Viehgangeln, Viehtreppen) führt zu Verdichtungen, zur Homogenisierung und somit zu Wasserstau.
  4. Bodengefrornis. Wasserstau über gefrorenem Unterboden (im Hochgebirge und über Permafrostböden) führt ebenfalls zur Pseudovergleyung.

Zeitweiliger Wasserstau über gefrorenem Untergrund während der Schneeschmelze im Frühjahr führt zur Entwicklung des Alpinen Pseudogleys. Unter anaeroben Verhältnissen werden hochmolekulare Humusstoffe von anaeroben Mikroorganismen abgebaut. Mit dem Abtauen des Bodeneises werden die nun niedermolekularen Humusstoffe und gelöstes (reduziertes) Eisen in den Unterboden verlagert und dort angereichert. Dadurch entsteht eine ähnliche Horizontabfolge wie beim Podsol mit einem gebleichten Oberboden sowie einem Bh- und einem Bs-Horizont.

Bei Böden mit viel Feinmaterial, hohen Humusgehalten und gleichzeitig hohen Niederschlägen wird Wasser wie bei einem Schwamm längere Zeit gegen die Schwerkraft im Boden gehalten. Diese Böden weisen daher häufig mehr oder weniger ausgeprägte Pseudogleymerkmale infolge von Haftnässe auf. Man spricht vom Haftnässepseudogley oder Haftpseudogley, bei dem eine Differenzierung zwischen Stauwasserleiter und Stauwassersohle nicht möglich ist. Boden mit Ah/Sg-Profil (g von haftnässebeeinflußt). Dabei handelt es sich um den eigenständigen Bodentyp Haftpseudogley.