Klasse: Braunerden (≈ WRB Cambisols, Arenosols oder andere)

Böden mit Ah/Bv/C-Profil

Braunerde
Braunerde im Hintertaunus bei Taunusstein aus periglaziären Lagen (Solifluktionsschuttdecken, Hauptlage LH über Basislage LB) über (tertiär)verwitterten Tonschiefern (Saprolith, Faulfels). Profil: Ah/Bv/II lCv/IIICv. Ah- und Bv-Horizont sind in der Hauptlage entwickelt. Darunter folgt die Basislage mit Hakenschlagen im Übergang zu den anstehenden, stark verwitterten Schiefern. ©Alexander Stahr

Zahlreiche Minerale enthalten Eisen. Somit auch viele Ausgangssubstrate der Bodenbildung. Das Eisen wird bei der Verwitterung freigesetzt und oxidiert dabei. Es rostet sozusagen, was mit einer Braunfärbung oder Verbraunung des Bodens und oft einer Erhöhung seines Tongehaltes verbunden ist. Der Boden verlehmt dadurch. Die braune Farbe von Böden der gemäßigten Klimate wird durch das Eisen-Oxidhydroxid Goethit FeO(OH) verursacht, benannt nach Johann Wolfgang von Goethe. Die Braunerde oder der Subtyp Normbraunerde weist die Horizontabfolge Ah/Bv/C auf. Die ph-Werte von Braunerden reichen im Bv-Horizont von neutral bis sauer (meist pH 7.0-3.0).

Alpine Braunerde
Braunerde aus Lokalmoräne mit Ah/Bv/lCv-Profil im Virgental/Osttirol (Österreich). ©Alexander Stahr

Die Erhöhung des Tongehaltes bei der Entwicklung einer Braunerde hat zwei Gründe: Bei der chemischen Verwitterung von Gesteinen entstehen aus den Verwitterungsrückständen neue Minerale, die durch mehrere Blättchen oder Schichten aufgebauten, Nährstoffe austauschenden Tonminerale. Zudem enthalten kalkhaltige Gesteine wie zum Beispiel Mergel (= Gemisch aus Kalk und Ton) von Natur aus hohe Anteile an Ton. Werden die Verwitterungsrückstände dieser Gesteine durch weitere Verwitterung entkalkt, bleibt der tonige Anteil zurück und reichert den Boden nun relativ mit Material der Korngröße Ton an. So entstehen Braunerden mit einem typischen Ah/Bv/C-Profil. Dabei bezeichnet Bv den verbraunten und verlehmten Horizont (v von verwittert oder verbraunt) und C das Ausgangsgestein der Bodenbildung. Braunerden gehen zum Beispiel aus Pararendzinen oder Rankern hervor.

Auch bei den Braunerden gibt es naturgemäß fließende Übergänge zu anderen Bodentypen (Subtypen) wie beispielsweise die Ranker-Braunerde bei geringerer Mächtigkeit der Bodendecke an Erosionsstandorten. Weiter finden sich podsolierte, pseudovergleyte (Haftnässepseudovergleyung) sowie infolge der historischen Waldnutzung kolluvial oder durch Baumaßnahmen überlagerte Braunerde-Profile.

Ein weiterer Subtyp der Braunerde ist die Lockerbraunerde. Dieser Bodentyp hat vor allem im B-Horizont bzw. Bfv-Horizont (f für lockeres Gefüge) neben einem Lössanteil einen sehr hohen Gehalt an Laacher See Tephra. Diese verleiht dem Boden ein stabiles Gefüge bei einem geringen Raumgewicht mit 60 bis 80 % Porenvolumen. Typisch sind die häufig ockerbraune Farbe, der relativ hohe Schluffgehalt, sowie der gegenüber anderen Braunerden höhere Gehalt an Eisen und Aluminium. Die Bodenart reicht vom lehmigen Sand bis zu schluffig-lehmigem Sand bei mittlerem bis starkem Grusanteil.

Lockerbraunerde
Lockerbraunerde mit Ah/Bfv/IIlCn-Profil auf dem Taunuskamm (Bereich Platte oberhalb von Wiesbaden) aus mächtiger Laacher See-Tephra Ablagerung. Ah- und Bfv-Horizont sind in der lösslehmhaltigen Hauptlage entwickelt (bis etwa Ende Spatenstiel). ©Alexander Stahr
Braunerde
Braunerde unter Acker über Basalt. ©Karl-Josef Sabel

Lockerbraunerden sind sehr sauer, doch es fehlt durch die Tephra und den Lössanteil eine Tendenz zur Podsolierung. Lockerbraunerden weisen den sogenannten „Greasing-Effect“ auf. Beim Zerreiben einer trocken erscheinenden Bodenprobe zwischen den Fingern wird ein starkes Schmieren ausgelöst, für das die Laacher See Tephra verantwortlich ist. Ein Kuriosum der Lockerbraunerde ist die Tatsache, dass man sie beim Springen auf ihr aufgrund der Lockerheit zum Vibrieren bringen kann. Lockerbraunerden sind ein wertvolles Archiv der Landschaftsgeschichte, zugleich ist dieser Bodentyp aber auch sehr erosionsanfällig, sodass sein Erhalt und Schutz wünschenswert ist. Aufgrund der lockeren Lagerung ist die Lockerbraunerde oft beliebtes Domizil grabender Säuger wie dem Maulwurf.

Lockerbraunerden sind überall dort anzutreffen, wo Aschenmaterial des Laacher See-Vulkans, der so genannte Laacher Bimstuff oder die Laacher See Tephra, vor ungefähr 10.930 v. Chr. als Fallout niederging. So zum Beispiel im Rheinischen Schiefergebirge, im Bereich der Oberhessischen Schwelle oder im Vogelsberg.

Braunerde aus Flugsand
Braunerde aus Flugsand. ©Karl-Josef Sabel
Braunerde
Braunerde aus Hauptlage über Basislage über Tonschiefern (Hintertaunus). ©Karl-Josef Sabel

Die Bezeichnung „Braunerde“ von Böden mit Ah/Bv/C-Profil wurde von Prof. Dr. Emil Ramann (1851-1926) im Jahr 1905 geprägt. Der Begriff umfasste zunächst auch durch Tonverlagerung geprägte Parabraunerden und Fahlerden (Lessivés). Stärker verlehmte Braunerden wurden von Ramann auch als Braunlehme bezeichnet. Ramann war Direktor der chemisch-physikalischen Versuchsabteilung im forstlichen Versuchswesen von Preußen und Professor in Eberswalde. Von 1900 bis1925 war er Professor an der Universität München und hatte den Lehrstuhl für Agrikulturchemie und Bodenkunde inne. Zudem war er Leiter der Abteilung Bodenkunde und Agrikulturchemie der Bayerischen Forstlichen Versuchsanstalt. Ramann war einer der Mitbegründer der Internationalen Bodenkundlichen Gesellschaft.

Die Ausgangssubstrate für die Entwicklung von Braunerden sind sehr vielfältig. So entwickelten sich Braunerden in periglaziären Solifluktionsschuttdecken der Mittel- und Hochgebirge und Flugsanden ebenso wie in glazialen oder fluvioglazialen Sedimenten (Moränen, Eisrandsedimente, Schotterflächen z. B. des Alpenvorlandes).

Die Eigenschaften von Braunerden und damit auch die Möglichkeiten der Nutzung hängen stark mit dem Ausgangsmaterial der Bodenbildung zusammen. Das trifft insbesondere auf den Wasser- und Lufthaushalt zu. Grundsätzlich sind Braunerden leicht zu bearbeiten und haben meist einen pH-Wert im mäßig bis stark sauren Bereich. Als Nutzung ist Landwirtschaft (Ackerbau und Weide) sowie Forstwirtschaft möglich. In vielen Regionen Mitteleuropas ist die Braunerde der am häufigsten vertretene terrestrische Boden. Weitere Subtypen sind nach deutscher Systematik die Kalkbraunerde, die Humusbraunerde, die Pelosol-Braunerde, die Parabraunerde-Braunerde, die Fahlerde-Braunerde, die Podsol-Braunerde, die Pseudogley-Braunerde und die Gley-Braunerde.