Ameisennest
Nest der Waldameise. ©Alexander Stahr

Die Rote Waldameise gehört zur Gattung der Waldameisen (Formica). In unseren Wäldern leben zwei Arten: die große Rote Waldameise (Formica rufa) und die Kleine Rote oder Kahlrückige Waldameise (Formica polyctena). Die Bestimmung der Arten ist nicht immer einfach. Ein typisches Unterscheidungsmerkmal für die Arten besteht in der Anzahl und Größe der Nester. Wobei Formica rufa einen großen Nesthügel baut, sieht man bei Formica polyctena mehrere kleine Nester in einem Areal als Kolonie nebeneinander. Die Kleine Rote Waldameise gehört zu den polygyn lebenden Arten, das bedeutet, dass in den Nestern viele (bis zu 1000) Königinnen leben. Durch diese Lebensweise können solche Kolonien sehr lange bestehen. So ist das Bestehen einer Kolonie seit 1850 bekannt. Im Nest der großen Roten Waldameise sichert dagegen nur eine Königin das Überleben des Volkes. Stirbt sie so geht auch das Volk ein. Das Volk ist auf den Duft dieser einen Königin geprägt. Alles was einen anderen Duft trägt wird als Feind erkannt. Seit 2009 steht die Rote Waldameise auf der Liste der gefährdeten Arten und gilt damit als besonders schützenswürdig.

Nestaufbau der Waldameise
Waldameise Nestaufbau schematisch ©Alexander Stahr

Aufbau des Nestes

Waldameisen sind perfekte Baumeister. Das Nest wird in der Regel über einem abgestorbenen Baumstamm an leicht beschatteten Stellen am Waldrand errichtet. Ein Nesthügel kann überirdisch bis zu zwei Meter hoch werden. Zahlreiche Gänge und Kammern durchziehen auch unterirdisch das Nest. Sie dienen als Nistkammern zur Eiablage und Aufzucht der Brut und Vorratshaltung.

Waldameise
Die große Rote Waldameise (Formica rufa). ©fotolia, emer

Die Nester sind keine statischen Gebilde sondern befinden sich ständig im Umbau. Als Baumaterial dienen Nadeln von Kiefern und Fichten aber auch Rinde oder kleinere Holzstücke. Kleine Steine und Baumharz mit Desinfektion wirkendem Einfluss werden verbaut. Um den Zersetzungsprozessen des Materials vorzubeugen wird das Pflanzenmaterial ständig ausgetauscht, wobei nasses Nestmaterial nach außen und trockenes nach innen transportiert wird. Dabei versuchen die Tiere, im Nest eine konstante Temperatur zwischen 20° und 30° C zu halten. Das erreichen sie einerseits durch die Eigentemperatur der Tiere und andererseits durch die Wärme, die bei der Zersetzung des Pflanzenmaterials entsteht. Hinzu kommt die Wärme durch Sonnenstrahlung, die das Nest absorbiert. Die Menge wird dabei durch die Größe und Kuppelform des Nestes geregelt. Zusätzlich regulieren die Tiere die Temperatur durch das öffnen und schließen der Gangsysteme.

Lebensweise

Auf den ersten Blick erscheint einem so ein Nest als ein riesen Haufen unkoordiniert umherlaufender Tiere. Aber das Sozialleben der Ameisen ist streng geregelt. Eine Arbeitsteilung sichert für das Fort- und Überleben dieser Staatenbildenden Insekten. Die Aufgaben sind:

  • Nestbau, Nestreinigung
  • Brutpflege
  • Füttern der Königin
  • Nahrungssuche und Transport
  • Sicherung des Nestes usw.

Die Aufgaben lassen sich grob in Innendienst- und Außendienstaufgaben unterscheiden:

Innendienst: Weckerinnen, Wärmeträgerinnen, Speichertiere, Königspflegerinnen, Brutpflegerinnen, Beutezerlegerinnen, Nestreinigerinnen, Wächterinnen

Außendienst: Jägerinnen, Trägerinnen, Sammlerinnen, Materialbeschafferinnen, Straßenbauerinnen, Blattlauswächterinnen, Blattmausmelkerinnen

Im Jahresverlauf variieren die Arbeiten und Aufgaben. So wird während der Winterpause zum Beispiel die Aufgabe Brutpflege nicht gebraucht. Auch plötzliche eintretende Ereignisse, wie zum Beispiel Unwetter oder Futtermangel, können die jeweilige Aufgabenzuteilung verändern. Arbeiterinnen anderer Aufgabengebiete helfen dann kurzfristig aus.

Wärmeträgerinnen sorgen unter anderem für eine konstante Temperatur im Nest. Sie lassen ihre Körper von der Sonne aufwärmen und geben diese im Nest wieder ab. Die gleichbleibende Temperatur spielt eine große Rolle für die erfolgreiche Aufzucht der Brut. Brutpflegerinnen versorgen die Eier, Larven und Puppen und bringen diese an die in Nestbereiche mit der optimalen Temperatur.
Junge Arbeiterinnen verrichten dabei bevorzugt zuerst den Innendienst. Erst später übernehmen sie Aufgaben im Außendienst.

Jahreslauf

Grafik: Jahresverlauf Rote Waldameise
Wichtige Stationen im Leben der Roten Waldameise im Jahresverlauf ©Alexander Stahr

Erwachen: Februar bis März
Das Nest erwacht langsam aus der Winterruhe. In den oberen Bereichen des Nestes erwachen mit den steigenden Temperaturen langsam die Ameisen und tragen die Artgenossen aus den tieferen Bereichen nach oben zur Sonnung. Diese Zeit kann je nach Witterungslage mehrere Tage oder Wochen anhalten. In dieser Zeit verlässt auch die Königin das Nestinnere. Vorerst greifen die Ameisen auf die eigenen Nahrungsreserven im Kropf zurück, der sich im Hinterleib befindet. Das erste Ausschwärmen nach Nahrungsquellen beginnt.

Heranreifen der Geschlechtstiere: März bis Juni
Nach dem Erwachen beginnt die Königin mit der Ablage der Wintereier. Danach zieht sie in tiefere Nestschichten zurück. Aus den Wintereiern schlüpfen die Larven der Geschlechtstiere. Weibchen entstehen aus befruchteten Eiern, Männchen aus unbefruchteten Eiern. Die Entwicklung zum adulten Tier dauert je nach Witterung bis zum Mai, wo es zum Hochzeitsflug kommt. Bei der Begattung erhält das Weibchen seinen Samenvorrat für das ganze Leben. Bei der großen Roten Waldameise erfolgt eine selbstständige Volksgründung. Bei der Kleinen Roten Waldameise kehrt ein Teil der neuen Königinnen in das Ursprungsnest zurück. Die Männchen sterben nach der Befruchtung der Weibchen.

Heranreifen der Jungarbeiterinnen: Juni bis September
Bis Ende August/Anfang September erfolgt eine ständige Eiablage durch die Königin. Die Arbeiterinnen sind ständig mit der Aufzucht der Brut beschäftigt. Die Entwicklungszeit der Waldameisen dauert 30 bis 45 Tage. In dieser Zeit ist der Nahrungsbedarf des Volkes am größten. Unzählige Arbeiterinnen sind mit der Nahrungsbeschaffung beschäftigt.

Einwinterung: Oktober bis November
Die Ameisen sorgen für genügend Vorräte und speichern Nahrung im Kropf. Die Nestkuppel wird verdichtet um das Eindringen von Feuchtigkeit zu verringern. Ein sichtbares Zeichen, dass die Ameisen mit dem Einrichten der Winterkammern begonnen haben, ist ein Erdauswurf rund um das Nest.

Winterruhe: November bis Februar
Mit fallenden Temperaturen fallen die Tiere in eine Starre ohne, dass sie etwas dagegen tun können. Bei 4 Grad Celsius liegen sie dann in der Kältestarre zusammengeballt in kleinen Gruppen in den Überwinterungskammern in den tiefen Schichten des Nestes. Im oberen Bereich überwintern die Tiere, die mit den ersten Sonnenstrahlen die anderen Artgenossen zur Sonnung tragen.

Nahrung

1 Postpharynxdrüse, 2 Gehirn, 3 Labialdrüse, 4 Metathorakaldrüse, 5 Herz, 6 Giftblase, 7 Giftdrüse, 8 Rectaldrüse, 9 Schlund, 10 Mandibeldrüse, 11 Infrabuccaltasche, 12 Maxilardrüse, 13 Nervensystem, 14 Kropf, 15 Proventriculus, 16 Magen, 17 Malphigi-Gefäße (Nierenschläuche), 18 Rectalblase, 19 Duforsche Drüse, 20 After
Körperbau der Roten Waldameise: 1 Postpharynxdrüse, 2 Gehirn, 3 Labialdrüse, 4 Metathorakaldrüse, 5 Herz, 6 Giftblase, 7 Giftdrüse, 8 Rectaldrüse, 9 Schlund, 10 Mandibeldrüse, 11 Infrabuccaltasche, 12 Maxilardrüse, 13 Nervensystem, 14 Kropf, 15 Proventriculus, 16 Magen, 17 Malphigi-Gefäße (Nierenschläuche), 18 Rectalblase, 19 Duforsche Drüse, 20 After ©Alexander Stahr

Die Waldameisen ernähren sich zu 62 % von Honigtau, 33 % von Insekten, 4 % von Baumsäften und zu 1 % von Tierleichen, Pilzen und Pflanzensamen. Honigtau ist das zuckerhaltige Ausscheidungsprodukt von Blattläusen, sowie Schild- und Wurzelläusen. Blattläuse verarbeiten nur einen geringen Teil der Säfte, die sie aus den Pflanzen saugen. Vor allem die Kohlenhydrate werden ungenutzt wieder ausgeschieden. Ameisen nehmen die ausgeschiedenen Tröpfchen auf. Oft findet auch gezielt ein melken statt. Dabei trommelt die Ameise sanft auf den Hinterleib der Laus, diese hebt das Hinterteil und scheidet den Honigtau aus. Die Nahrung wird im Kropf der Ameise gespeichert zum Nest getragen. Die Läuse auf den Belaufbäumen in der näheren Umgebung des Nestes werden regelmäßig gemolken. Läuse und Ameisen stehen dabei in einer sich gegenseitig von Vorteil bringenden Beziehung. Die Ameisen halten den Läusen die Feinde fern und erhalten dafür den Honigtau. Neben dem Schutz profitiert die Blattlaus von der Ameise darin, dass die klebrigen Ausscheidungen sich nicht anhäufen. Pilze und Bakterien können sich nicht in den übermäßigen Ablagerungen der Ausscheidungen ansiedeln.

Mit ca. 30 % tragen Insekten zur Ernährung eines Volkes bei. Ein mittelgroßes Volk mit ca. 2 m² Nestfläche vertilgt von Anfang April bis Oktober viele Millionen von Insekten. In der Umgebung von Ameisennestern sind wesentlich weniger Insekten als in der weiteren Umgebung zu finden. Die Waldameise hilft somit in Zeiten hohen Schädlingsbefalls diesen einzudämmern. Damit wird sie ihren Ruft als kleine Waldpolizei gerecht. Erlegte Insekten werden zum Nest getragen. Dabei kann das Gewicht der Beute um ein vielfaches größer sein als das der Ameise.

Kommunikation

Sozial lebende Insekten wie auch die Ameisen müssen mit einander kommunizieren, um die Lebensgemeinschaft zu organisieren. Ameisen kommunizieren über Düfte, sogenannte Pheromone. Jedes Nest hat seinen eigenen typischen Geruch, der die Gemeinschaft kennzeichnet. Der Geruch geht von der Königin aus. Alle Mitglieder eines Nestes haben diesen Geruch. Fremde Ameisen oder Eindringlinge können dadurch schnell erkannt und so bekämpft werden.
Eine weitere wichtige Rolle bei der Kommunikation spielen die Fühler. Wenn sich zwei Ameisen begegnen, kommt es zu gegenseitigen Betasten mit den Fühlern. Bei diesem sogenannten Betrillern werden dann die Informationen ausgetauscht.

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