Glockentierchen
Vorticella nebulifera. 900 X.
nach W. Kükenthal 1912

Wimperntierchen (Ciliata) sind die am höchsten differenzierten Protozoen (Einzeller). Sie benötigen größere Wasseransammlungen als andere Einzeller. Die bodenbewohnenden Formen sind kleiner als die im Süßwasser schwimmenden Arten. Dennoch fordert ihre schwimmende Fortbewegung und die Ernährungsweise das Einstrudeln von organischen Teilchen größere Lebensräume. Daher findet man Ciliaten besonders in feuchter Laub- und Nadelstreu sowie in Moospolstern.

Wie andere Protozoen sind Wimperntierchen in der Lage bei Austrocknung Zysten zu bilden. Bei Temperaturen im feuchten Boden von 15-20 °C beginnt ihre volle Lebensaktivität. In der Laubstreu findet man vorwiegend schwimmende Arten, die zu den holotrichen (vollständig bewimpert) Ciliaten (z.B. Colpidium colpada) gehören, Sie ernähren sich hauptsächlich von Bakterien. Oft sind auch Glockentierchen sogenannte peritriche Ciliaten, wie Vorticella vertreten. Diese Formen schwimmen nicht, sondern heften sich an kleine Substratteilchen. Sie strudeln durch einen kräftigen Wimpernschlag ihre Nahrung in den Mundraum.

Stylonychia mytibus. 400X  nach W. Kükenthal
Stylonychia mytibus. 400X
nach W. Kükenthal 1912

Schließlich finden sich noch hypotriche Ciliaten (z.B. Pleurotricha grandis) im Boden. Der Körper der Hypotricha ist abgeflacht. Der Rücken ist leicht gewölbt. Auf ihm befinden sich Tastcilien. Die Wimpern auf der Bauchseite sind kräftiger. Durch Zusammenkleben mehrer Wimpern ist eine Bewegungsorganelle entstanden. Diese Wimperntierchen laufen regelrecht mit ihren Wimpern auf der Bauchseite über den Boden. Hierbei wird das Substrat nach Mikroorganismen abgesucht. Dabei können sie auch richtige Sprünge vollführen.

Bauplan

Wimperntierchen besitzen von allen Einzellern die meisten Organellen. Wimpern (Cilien) dienen ihnen zur Fortbewegung. Sie sind kürzer als Geißeln und über die ganze Körperoberfläche verteilt. Ein kräftiger, rückwärts gerichteter Schlag und ein langsameres Zurückkehren zur Ausgangsstellung führen zu einer Vorwärtsbewegung.

Paramecium caudatum.
Paramecium caudatum. Etwa 500X.
nach W. Kükenthal 1912

Als Vertreter der Ciliaten zeigt das Bild den Bauplan des Pantoffeltierchens (Pramecium caudatum). Das Pantoffeltierchen gehört zu den Strudlern. Durch den Schlag der Wimpern werden Nahrungspartikel zum Zellmund gestrudelt. Im Cytopharynx übernehmen die Wimpern des Peniculus und des Vierreihenorganells die Weiterbeförderung. Die Nahrungspartikel werden schließlich zur Verdauung in die Gastriole gestrudelt.

Das Pantoffeltierchen besitzt einen kleinen und einen großen Zellkern (Mikro- und Makronukleus). Hier befindet sich die DNA für die Reproduktion.

Fortpflanzung

Die Vermehrung erfolgt in den meisten Fällen durch Teilung. Die für die zwei neuen Tochterzellen nötigen Organellen teilen sich dabei vor der Durschnürung. Auch der Makro- und Mininukleus teilen sich in gleichgroße Stücke. Dabei erhalten die Tochterkerne den vollen Genbestand.

Die geschlechtliche Fortpflanzung der Cilliaten ist eine Form der sogenannten Gamonotogamie. Im typischen Fall verwachsen zwei Individuen in der Mundregion miteinander. Anschließend beginnt eine Veränderung des Makro- und Mikronukleus. Dabei entsteht die Bildung eines Wanderkerns, den die Individuen austauschen und der mit dem verbleibenden Kern verschmilzt. Bei der wechselseitigen Befruchtung findet somit ein wechselseitiger Austausch von genetischem Material statt. Danach trennen sich die Individuen wieder. Bei den Expartnern laufen anschließend nun in rascher Folge zwei Zellteilungen ab.