Bodenprofile
Dipl.-Ing. agr. Oliver Wegener an einer Ausstellung von Bodenprofilen. ©Oliver Wegener

Es gibt einige Methoden, Böden wissenschaftlich zu dokumentieren. So etwa durch die Herstellung eines Lackprofils (weitere Bezeichnungen sind – zum Teil abhängig von der Entnahmemethode – Lackabzug, Lackfilm, Bodenprofil, Kastenprofil, Sedimenttransferpräparat oder “Erdschichtenbild”). Ein Lackprofil eines Bodens gibt naturgetreu seinen Aufbau wieder und ist nach der Entnahme eine Momentaufnahme und somit eine hervorragende Art der wissenschaftlichen Dokumentation. Ahabc.de sprach dazu mit Dipl.-Ing. agr. Oliver Wegener, Inhaber der Firma AGROFOR Consulting & Products in Wettenberg. Er ist u. a. auf die Herstellung von Lackprofilen spezialisiert.

Gibt es unterschiedliche Methoden, ein Lackprofil herzustellen? Wenn ja, hängt das auch von den Bodeneigenschaften ab?

Oliver Wegener: Ja. Weil Böden sich beispielsweise in der Zusammensetzung der mineralischen Bodensubstanz (Gehalt an Sand, Schluff und Ton), dem Gehalt an organischer Bodensubstanz sowie dem Steingehalt unterscheiden, können ihre Eigenschaften sehr unterschiedlich sein. Je nach Bodeneigenschaften muss man sich für eine entsprechende Entnahmemethode entscheiden. Zudem spielt der Wassergehalt zum Entnahmezeitpunkt eine wichtige Rolle. Folgende unterschiedliche Methoden werden von uns projektspezifisch angewandt:

  • Die Kastenmethode ist nahezu für alle mehr oder weniger bindigen Böden geeignet
  • Der Lackabzug ist hauptsächlich für schluffige und sandige bis kiesige Böden geeignet
  • Der Lackfilm ist geeignet für nahezu alle Böden.
Profil
Fertiges Profil. ©Oliver Wegener

Wie ist die Vorgehensweise bei der Herstellung eines Lackprofils?

Oliver Wegener: Für die Entnahme eines Lackprofils muss eine nahezu senkrechte Wand vorhanden sein, für Lackabzüge und -filme kann sie auch leicht schräg sein. Im Idealfall ist solch eine Wand an einem Wegrand, einem Steinbruch oder Ähnlichem vorhanden. In den meisten Fällen muss aber eine Profilgrube angelegt werden.

Bei der Kastenmethode wird ein Bodenmonolith mit Hilfe eines Kastens entnommen. Anschließend wird das Profil in der Werkstatt getrocknet und mit Lack fixiert. Abschließend wird dann die Bodenstruktur (u. a. mit Druckluft und verschiedenen Werkzeugen) herausgearbeitet. Vorteil der Methode: Das Bodengefüge kann sehr gut herausgearbeitet werden. Nachteile der Methode: Die entnommenen Monolithe sind -je nach Größe- (sehr) schwer. Die Bearbeitung dauert länger als bei den anderen Methoden (u. a. wegen der Trocknung des Monolithen).

Beim Lackabzug wird der Boden mit Harz oder Lack an der Entnahmestelle getränkt. Zur Stabilisierung wird eine Gaze aufgeklebt. Der Lackabzug wird dann nach dem Abtrocknen (meist mehr als 24 Stunden, gegebenenfalls beschleunigt mit einer Wärmequelle) abgenommen, wobei ein Teil der Bodenstruktur (z. B. Kieslagen) erhalten bleibt. Vorteil der Methode: Das fertige Exponat ist dünner als ein Kastenprofil (ca. 0,5 bis 3 cm, je nach Eindringtiefe des Lacks) und kann oftmals auf ein Rohr aufgerollt transportiert werden. Nachteile der Methode: Der Lackabzug muss vor der Entnahme an der Entnahmestelle trocknen.

Bodenprofile an der Wand
Lackprofile im Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) dienen der Wissenschaft. ©Alexander Stahr

Auch beim Lackfilm wird der Boden mit Harz bzw. Lack an der Entnahmestelle getränkt und mit einer Gaze stabilisiert. Der Lackfilm wird dann nach kurzer Abtrocknungszeit (gegebenenfalls beschleunigt mit einer Wärmequelle) abgenommen, wobei meist nur wenige Bodenstrukturen erhalten bleiben. Vorteil der Methode: Das Exponat ist vergleichsweise schnell zu entnehmen und es ist fast keine Nachbearbeitung notwendig. Das fertige Exponat ist dünner als ein Lackabzug (weniger als 0,5 cm) und kann aufgerollt werden. Nachteil der Methode: Es können (fast) keine Bodenstrukturen herausgearbeitet werden, sondern lediglich Schichtfolgen (z. B. Löss-Stratigraphien). Bei allen Profilen wird abschließend die Sichtseite noch einmal mit einem Lack fixiert. Dadurch ist die Oberfläche geschützt, der Boden sieht aus, als wäre er leicht feucht und die Bodenfarben sind intensiver.

Ein Boden kann unterschiedlichste Feuchtegrade aufweisen. In welchem Zustand kann ein Lackprofil entnommen werden?

Sandgrube Alzenau
Profil Sandgrube Alzenau. ©Oliver Wegener

Oliver Wegener: Bei der Kastenmethode können die Böden in nahezu jedem Feuchtezustand entnommen werden. Allerdings sollte man bezüglich möglicher Schrumpfrisse das Schrumpfungs- und Quellungsverhalten der unterschiedlichen Böden berücksichtigen. Und gegebenenfalls dauert die Trocknung in der Werkstatt etwas länger, bevor man den Boden tränken kann. Bei Lackabzügen und -filmen sollten – je nach eingesetztem Lack – die Böden leicht feucht sein. Ein zu trockener Sand rieselt oftmals von der Wand, wenn man ihn mit dem Lack-Lösemittel-Gemisch einsprüht. Hier sollte man sogar den Boden zuvor mit z. B. einer Blumenspritze befeuchten, damit er bindiger ist. Das Lack-Lösemittel-Gemisch verdrängt dann das Wasser im Boden. Eine besondere Herausforderung sind Moorböden, bei denen der Torfkörper bis zu 97 Vol.-% an Wasser aufweisen kann. Hier können besondere Entnahme- und Präparationstechniken erforderlich sein.

Bodenprofil
Bodenprofil im Kasten. ©Oliver Wegener

Was war Ihr größtes Lackprofil?

Oliver Wegener: Da sind eigentlich zwei zu nennen. Das größte Kastenprofil en bloc habe ich aus dem Limes bei Pohlheim entnommen. Es hat eine Größe von 2,6 x 0,6 m und hat bei der Entnahme geschätzte 450 kg gewogen. Den längsten Lackabzug am Stück mit 6 m Länge und 80 cm Breite habe ich am Riedberg in Frankfurt am Main entnommen. Hier wurde eine Lößstratigraphie dokumentiert.

Wandschmuck
Profil als Wandschmuck. ©Oliver Wegener

Ein Lackprofil eines Bodens hat oft auch einen großen ästhetischen Wert. Bei manch einem Profil könnte man auch an moderne Kunst denken. Gibt es Kunden, die ein Bodenprofil als Deko fürs Wohnzimmer anfertigen lassen?

Oliver Wegener: Ja. Ich gehöre selbst dazu. Es gibt spektakuläre Bodenstrukturen, die tatsächlich wie Gemälde aussehen. Aber auch archäologische Strukturen können sehr spannend sein. Einige Kunden lassen sich Profile anfertigen, um sie dann ins Wohnzimmer, in den Eingangsbereich der Firma oder ins Büro zu hängen.

Wie haltbar ist ein Lackprofil und gibt es im Laufe der Zeit Veränderungen, etwa bei den Farben?

Oliver Wegener: Ich kenne Lackprofile – u. a. von meinem geschätzten „Lehrer“ Reinhold Will -, die über 40 Jahre alt sind. Die Haltbarkeit dürfte bei richtiger Herstellung, guter Durchtränkung und Fixierung sowie sach- und fachgerechter Präsentation und Lagerung (vor allem trocken!) nahezu unbegrenzt sein. Und auch die Farben verändern sich meines Wissens nicht. Selbst die für die Winzergenossenschaft der Bergsträßer Winzer hergestellten Profile, die in Heppenheim im überdachten Außenbereich hängen, haben sich seit 2006 nicht verändert.

Ahabc.de bedankt sich bei Oliver Wegener für die interessanten Antworten und wünscht auch weiterhin viel Erfolg bei der Arbeit mit dem Boden.