Marie Wilhelm
Die Geographin Marie Wilhelm aus Hofheim am Taunus im Gespräch mit ahabc.de. ©privat

B. Sc. Marie Wilhelm aus Hofheim am Taunus hat sich in ihrer kürzlich fertiggestellten Bachelorarbeit mit der Erfassung und Bewertung der Bodenverhältnisse an potenziellen Standorten von Windenergieanlagen befasst. Die Geographin, die nun im Master eingeschrieben ist, studierte an der Johann Wolfgang Goethe Universität in Frankfurt a. M Geographie mit Vertiefungsschwerpunkten Bodenkunde und Hydrologie. In ihrer Arbeit, die von Mitarbeitern der AG Bodenkunde (Dr. Rainer Dambeck, Prof. Dr. Heinrich Thiemeyer) betreut wurde, ging sie u. a. den Fragen nach „Wie kann der Boden beim Bau von Windkraftanlagen beeinträchtigt werden?“ Und: „Woher kommt es, dass Böden in der Planung so geringe Beachtung finden?“ Ahabc.de hat sich bei Marie Wilhelm zum Thema schlau gemacht.

Die zunehmende Errichtung von Windkraftanlagen hatte auch eine Zunahme von Bürgerprotesten gegen die „Verspargelung“ der Landschaft und deren Auswirkung auf die Natur und die mögliche Gesundheitsgefährdung der Menschen im Umfeld der Anlagen zur Folge. Ins Visier der Bürgerinitiativen rückten u. a. die Gefährdung von Rotmilan, Kranich und Co. Boden und Bodenschutz waren leider nie ein ernsthaftes Thema in diesem Zusammenhang. Wie kommt man auf die Idee, den Boden und den Bodenschutz in die Betrachtungen mit einzubeziehen?

Marie Wilhelm: Im Planungsverfahren der Windkraftanlagen wird nicht nur der Schutz der Menschen betrachtet, sondern auch die Beeinflussung des Naturschutzes muss abgewogen werden. Wie auch der Tierschutz ist der Bodenschutz ein Teil des Naturschutzes. Der Boden stellt in der Natur ein Medium dar, in welchem sich alle Sphären, das heißt die Hydrosphäre, die Atmosphäre, die Biosphäre und die Lithosphäre, überschneiden und die sogenannte Pedosphäre bilden. Der Boden stellt also den zentralen Teil des Naturhaushaltes dar. Im Bundes-Bodenschutzgesetz werden seine Funktionen geschützt. Darunter fallen sowohl seine natürlichen Funktionen wie Lebensraumfunktion, Filter- und Pufferfunktion, Regelung von Stoffkreisläufen als auch seine Nutzungsfunktionen. So beispielsweise als Fläche für Rohstofflagerung, für Siedlung oder für forst- und landwirtschaftliche Nutzung. In der Planung wird der Bodenschutz bedacht, da per Gesetz überprüft werden muss, ob der Boden durch den Bau der Windkraftanlagen in seinen Funktionen beeinträchtigt wird. Für die Öffentlichkeit ist der Boden selten zentraler Betrachtungspunkt. Die Gefährdung von Tierarten ist viel deutlicher zu erkennen und erscheint wichtiger als die Betrachtung des Bodens, welcher beispielsweise das Grundwasser vor Verunreinigungen schützt. Ich selbst bin durch mein Studium darauf aufmerksam geworden, wie wichtig die Einbeziehung des Bodenschutzes bei jeglichem Eingriff in das Schutzgut ist.

Welches Untersuchungsgebiet wurde für die Arbeit ausgesucht und warum?

Marie Wilhelm: Als Untersuchungsgebiet für meine Bachelorarbeit wählte ich den „Windpark Weilrod“ aus. Die Gemeinde Weilrod liegt im Hintertaunus, östlich von Bad Camberg. In meiner Bachelorarbeit wollte ich ein Gebiet im Taunus untersuchen und suchte nach aktuellen Planungsvorhaben. In Weilrod war die Planung bereits abgeschlossen und genehmigt worden, sodass ich den Bauprozess beobachten und die Berücksichtigung des Schutzgutes Boden im Planungsverlauf nachvollziehen und bewerten konnte.

Was sind die wesentlichen Ergebnisse der Arbeit?

Im Gelände
Bei der Geländearbeit. ©privat

Marie Wilhelm: In meiner Arbeit habe ich gewissermaßen drei Aspekte untersucht: Die Überbauung von Böden durch Wegebau und Flächen für die Windenergieanlagen. Welche Böden auf den Flächen überbaut wurden und wie die Bodenverhältnisse im Planungsprozess eine Beachtung gefunden haben. Zu Ersterem konnte ich feststellen, dass durch den Bau der Flächen für die Windanlagen und die Kräne zwar vermeintlich große Flächen dauerhaft überbaut wurden, der zugehörige Wegebau jedoch ebenfalls viel Fläche beanspruchen kann. Werden so wie in Weilrod bereits bestehende Waldwege genutzt und verbreitert, kann die neu überbaute Fläche erheblich minimiert werden. Der Anteil der gesamten zusätzlich überbauten Fläche im Gebiet ist eher gering und damit nicht ausschlaggebend. Ausschlaggebend ist, welche Böden durch den Überbau verloren gehen. Eine Bewertung der Böden anhand ihrer Funktionen wurde im Planungsprozess durchgeführt und man kam, wie auch ich, zu dem Schluss, dass der Wert der Böden nicht sehr hoch ist. Die Tatsache, dass man sich teilweise in einem Trinkwasserschutzgebiet befindet, wurde durch eine hydrogeologische Baubegleitung geregelt. Jedoch wird bei der Begutachtung der Böden im Planungsprozess immer nur der Rundumschlag betrachtet und nicht, so wie ich es getan habe, jede einzelne Fläche mit ihren Böden einzeln betrachtet. So konnte ich feststellen, dass die Standorte teilweise eher geringmächtige und weniger wertvolle Böden beeinträchtigten. Wäre derselbe Standort jedoch um hundert Meter verschoben worden, wären im Vergleich dazu wertvollere Böden überbaut worden. Dies wäre bei der Bewertung der Gesamtheit Böden im Vorfeld nicht aufgefallen. Der Einbezug einer differenzierteren Betrachtung in den Planungsprozess hätte diesen also optimieren können. Deshalb kann ich zum dritten Punkt sagen, dass der Bodenschutz eine gleichwertige Beachtung wie der Schutz der Menschen und der Tierschutz finden sollte. Die Untersuchungen zu den letzteren beiden Schutzgütern sind sehr umfangreich und als Aspekte in der Öffentlichkeit auch sehr bewusst. Jedoch sollte der Bodenschutz eine genauso große Beachtung finden. Dies muss nicht nur in Planungsprozessen, sondern auch in der Politik und in der Öffentlichkeit bewusster werden.

Ist zu wünschen, dass diese Ergebnisse Eingang in zukünftige Genehmigungsverfahren finden sollten?

Marie Wilhelm: Wie dargestellt, ist es in jedem Falle wünschenswert, dass der Bodenschutz an sich einen höheren Stellenwert erhält. Es gibt zahlreiche Bewegungen im Bodenschutz, die in ihrer Gesamtheit Eingang in Genehmigungsverfahren finden sollten.

Wird das Thema Bodenschutz – einmal unabhängig von der Errichtung von Windkraftanlagen – während des Studiums der Geographie oder der Bodenkunde näher betrachtet oder ist dieses Thema ein „Stiefkind“?

Marie Wilhelm: Entscheidet man sich für ein Studium der Geographie, hat man zahlreiche Wahlmöglichkeiten sein Studium zu gestalten. Konzentriert man sich jedoch auf das Fach der Bodenkunde, so wie es in Frankfurt gelehrt wird, so sind Bodenschutzaspekte stets ein Thema. Es gibt sogar die Möglichkeit ein Seminar speziell zum Bodenschutz zu belegen und es wird eine Exkursion angeboten. Auch in Fächern wie „Umweltplanung“ wird das Thema bedacht. Jedoch ist hier der Fokus immer noch sehr stark auf den Artenschutz gerichtet. Das Thema ist demnach also nicht als „Stiefkind“ im Studium zu beschreiben. Vielmehr ist es ein „Stiefkind“ der öffentlichen Sichtweise.

Was wäre nach Ihrer Meinung wünschenswert hinsichtlich des Themas Bodenschutz im Studium?

Marie Wilhelm: Natürlich ist es immer wünschenswert noch mehr Angebote zu einem Thema im Studium erhalten zu können. Die Aufnahme des Themas auch in andere Bereiche wie zum Beispiel Umweltplanung wäre eine positive Entwicklung. Da der Bodenschutz so wenig im öffentlichen Bewusstsein verankert ist, wären vielleicht auch Seminare zur Öffentlichkeitsarbeit oder Ähnlichem sinnvoll.

Verfolgen Sie das Thema weiter?

Marie Wilhelm: Ich studiere nun im Masterstudiengang Physische Geographie weiterhin an der Goethe-Universität Frankfurt und habe auch weitere Module zum Thema Bodenkunde belegt. Das Thema ist noch immer mein Fokus im Studium. Das aktuelle Geschehen zum Bau von Windkraftanlagen verfolge ich weiter, bin allerdings nun nicht mehr aktiv mit „eigenen“ Untersuchungen involviert.

Ahabc.de dankt Marie Wilhelm für die Informativen Antworten und wünscht ihr viel Erfolg bei ihrer weiteren beruflichen Laufbahn.