Wärmedämmung
Geht von Wärmedämmverbundsystemen eine Gefahr für den Boden aus? ©Alexander Stahr

Ahabc.de berichtete über die mögliche Belastung von Gartenböden mit Bioziden aus Wärmedämmverbundsystemen und wandte sich diesbezüglich an verschiedene Behörden und Institutionen.

Unter Bezugnahme auf mehrere Medienberichte (Wärmedämmung – Der Wahnsinn geht weiter, NDR Sendung vom 26.11.2012; Gift aus der Wand, 3sat Sendung vom 07.09.2010; Fassaden vergiften Flüsse, ARD Sendung [W] wie Wissen vom 22.04.2012; Häuser-Dämmung: Gifte in der Fassade, NDR Sendung vom 09.10.2012) sowie eine Untersuchung der eawag (Eidgenössische Anstalt für Wasserversorgung, Abwasserreinigung und Gewässerschutz) stellte ahabc.de folgende Fragen:

Gibt es Hinweise auf Belastungen von Böden im privaten Bereich mit Bioziden aus Wärmedämmverbundsystemen?

Geht von bereits bekannten oder möglichen Belastungen von privaten Grundstücken bei gärtnerischer Nutzung eine potentielle Gesundheitsgefährdung der Eigentümer bzw. Anwohner aus?

Welche Maßnahmen sollten Immobilieneigentümer im Falle einer möglichen oder tatsächlichen Belastung ihres Grundstücks ergreifen?

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) teilte mit, dass leider keine Expertise vorläge und verwies auf PAN (Pestizid Aktions-Netzwerk e.V.)

Das Öko Institut e. V. in Freiburg konnte keine Auskunft geben und erklärte, dies sei eher ein Thema für Baubiologen. Freundlicherweise wurde ahabc.de eine Liste mit entsprechenden Adressen überlassen.

Das Hessische Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz verwies an das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt).

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) empfahl, sich an die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) zu wenden.

Dem Bayerischen Landesamt für Umwelt „liegen keine Hinweise auf Belastungen von Böden im Gartenbereich privater Haushalte durch ausgewaschene Biozide aus Wärmedämmverbundsystemen vor. Im Rahmen von Probenahmen an Grundwasser-Messstellen konnten nachteilige Auswirkungen des Eintrags von Bioziden über die Regenwasserversickerung auf das Grundwasser nicht nachgewiesen werden. Die Verwendung von Bioziden wird in der Europäischen Union durch die Richtlinie über das Inverkehrbringen von Biozid-Produkten geregelt. Seitens der Hersteller gibt es Ansätze, die Tauwasserbildung auf Fassaden zu verhindern, um so auf den Einsatz von Bioziden verzichten zu können. Eine Alternative sind auch biozidfreie Mineralputze. Im Falle einer Bodenbelastung besteht die Möglichkeit, einen Sachverständigen für Bodenschutz hinzuzuziehen, um geeignete Sanierungs-, Schutz oder Beschränkungsmaßnahmen zu ergreifen.“

Vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit kam folgende Antwort: „… so haben wir im Rahmen des Gutachtens „Vorbereitung eines Monitoring-Konzepts für Biozide in der Umwelt“ Monitoringdaten aus der Literatur für die genannten Wirkstoffe DCOIT, Carbendazim und Terbutryn in verschiedenen Umweltkompartimenten zusammengestellt (Kläranlagen, Oberflächengewässer, Grundwasser), doch leider sind für das Kompartiment Boden noch keine Monitoringdaten verfügbar.

Derzeit wird im UFOPLAN-Vorhaben „Umweltbelastung durch Biozide: Erarbeitung der Eckpfeiler eines Monitoring-Messprogrammes für Einträge von Bioziden in die Umwelt“, das an das oben genannte Gutachten anknüpft, ein Monitoringprogramm unter Berücksichtigung verschiedener Parameter (Biozid-Produktart, Anwendungsmuster, Eintragspfade in Umweltkompartimente, stoffintrinsische Eigenschaften) erarbeitet. Im Rahmen dieses Forschungsvorhabens werden auch Erkenntnisse über Auswirkungen auf den Boden erwartet. Der Abschluss des Forschungsvorhabens ist für Mitte 2015 geplant. Gerne möchte ich dennoch versuchen, schon heute auf Ihr konkretes Anliegen einzugehen, auch wenn die Antwort etwas grundlegender ausfällt:

Fassadenfarben und -putze enthalten oft Mittel, um einen Bewuchs der Außenfassade von Gebäuden mit Moos, Algen oder Pilzen zu verhindern. Bei den dafür verwendeten Mitteln handelt es sich um Biozid-Produkte, die aufgrund ihres besonderen Gefährdungspotentials für Mensch, Tier und Umwelt EU-weit – also auch in Deutschland – einer Zulassungspflicht unterliegen. Biozide sind durch eine europäische Gesetzgebung geregelt. Gemäß der Biozidverordnung (Verordnung (EU) Nr. 528/2012) dürfen Biozidprodukte nur auf dem Markt bereitgestellt oder verwendet werden, wenn sie zugelassen sind. Die Zulassung eines Biozidproduktes ist nur möglich, wenn der darin enthaltene Wirkstoff für die betreffende Produktart genehmigt worden ist. Gemäß Artikel 89 der Biozidverordnung in Verbindung mit § 28 Absatz 8 des Chemikaliengesetzes sind Biozidprodukte, die ausschließlich Wirkstoffe enthalten, die für die betreffende Produktart in Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 1451/2007 aufgeführt sind (alte Wirkstoffe), bis zur Entscheidung über die Genehmigung bzw. Nichtgenehmigung in Deutschland zulassungsfrei verkehrsfähig.

Gängige Wirkstoffe in Fassadenfarben wie z.B. Terbutryn, Carbendazim und DCOIT befinden sich derzeit in diesem Übergangsverfahren. Daher sind Biozidprodukte zum Einsatz in bzw. als Wandfarben derzeit zulassungsfrei verkehrsfähig. Das Auswaschverhalten der Wirkstoffe und somit auch ihr Eintrag in die Umwelt sowie die aus ihrer Anwendung resultierenden Risiken für Mensch, Tier und Umwelt werden im EU-Verfahren zur Aufnahme der Wirkstoffe sowie in den Zulassungsverfahren der einzelnen Produkte bewertet. Werden Risiken ermittelt, wird die Anwendung entsprechend eingeschränkt oder das Produkt wird nicht zugelassen. Da die Bewertung der Wirkstoffe derzeit noch nicht abgeschlossen ist, liegen Informationen über Risiken noch nicht vor.“