Hortisol
Durch Bauarbeiten wurde dieser Gartenboden (Hortisol, WRB = Hortic Anthrosol oder Hortic Technosol) im Berchtesgadener Land aufgeschlossen. Der humose Bodenbereich (Ap/Ex-Horizonte) hat eine Mächtigkeit von 50 cm. Über Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte wurden in diesem Boden Abfälle eingebracht (Garten- und Haushaltsabfälle, Asche, Kohle und auch mineralische Fragmente wie Ziegelbruchstücke). Eine echte Terra preta do Baviera. ©Alexander Stahr

In den feuchten Tropen Südamerikas ist lokal ein Jahrtausende alter anthropogener Boden anzutreffen, der sich von den umgebenden, nährstoffarmen Böden (WRB: Ferralsols) durch einen mächtigen, humosen und nährstoffreichen Oberboden unterscheidet. Die dunkle Färbung des tiefgründigen Oberbodens gab dem Boden den portugiesischen Namen „Terra Preta“, was „Schwarze Erde“ bedeutet.

Welchen „Hype“ dieser Boden bei Gärtnern, Landwirten und Forschungsinstituten spätestens im 20. Jahrhundert auslösen würde, hätten sich die präkolumbianischen Indios, die zur Entstehung dieses Bodens maßgeblich beitrugen, sicher nicht träumen lassen. Terra Preta, Terra preta do indio oder Indianer-Schwarzerde Amazoniens ist ein Bodentyp, dessen mächtiger Oberboden aus einem Gemisch von Holzkohle (Pflanzenkohle), Speiseresten, Dung, Kompost, Küchenabfällen, Tonscherben, Knochen und sonstigem organischen Material besteht. Nach WRB (World Reference Base for Soil Resources 2014) handelt es sich um einen Hortic Anthrosol oder Hortic Technosol. Gemäß der bodensystematischen Einheiten der Bundesrepublik Deutschland (AG Boden 2005) würde es sich um die Klasse der terrestrischen anthropogenen Böden (terrestrische Kultosole) und um den Bodentyp Hortisol handeln. Ähnliche Böden mit mächtigem humosem Oberboden finden sich in Afrika (z. B. Ghana, Guinea, Liberia oder Sierra Leone) oder in Südostasien (z. B. Indonesien).

Insbesondere die Holz- oder Pflanzenkohle, deren Entstehung auf Schwelbrände zurückgeführt wird, scheint ein entscheidender Faktor für die Fruchtbarkeit der Terra Preta zu sein. Dabei fungiert diese selbst nicht als Dünger, sondern ist durch ihre große Oberfläche und Stabilität gegenüber Zersetzungsprozessen ein ausgezeichneter Wasserspeicher und Träger für Nährstoffe. Die Pflanzenkohle hat eine hohe Kationenaustauschkapazität (KAK) und verhindert zugleich, dass Nährstoffe ausgewaschen werden.

Der Hype um diesen anthropogenen Boden – es heißt: wer in Terra Preta pflanzt, muss nie mehr düngen – hat dazu geführt, dass im privaten und kommerziellen gärtnerischen Bereich ein „Nachbau“ dieses Bodens mit unterschiedlichsten Methoden versucht wird. So finden sich zahlreiche „Rezepte“ auch im Internet. Neben der Verwendung von Holzkohle (Pflanzenkohle) wird insbesondere die Beimischung von „Effektiven Mikroorganismen“ (kurz EM) empfohlen. Diese finden sich im Handel in flüssiger Form und sollen mehr als 80 positiv wirkende Pilz- und Bakterienarten enthalten. Bei einigen „Rezepten“ sehen die Zutaten der hausgemachten Terra Preta wie folgt aus: Klein geschnittene Küchen- und Gartenabfälle, Steinmehl, Holzkohle und EM. In zahlreichen Studien zu EM (z. B. Mayer et al. 2010, Khaliq et al. 2010) konnte jedoch keine eindeutige Wirksamkeit der EM nachgewiesen werden. Vermutlich verhält es sich bei den „Effektiven Mikroorganismen“ ähnlich wie bei den Nahrungsergänzungsmitteln für die menschliche Ernährung: Überflüssig, aber teuer. Viagra für den Kopfsalat lässt sich sicherlich günstiger durch die traditionelle Kompostierung herstellen. Und wer dennoch „Effektive Mikroorganismen“ seiner persönlichen „Terra Preta“ hinzufügen möchte, sollte neben Holzkohle eine oder zwei Schaufeln guten Waldboden (humosen Oberboden aus dem Laubwald) seinem Kompost beimischen. Darin sind sicherlich genauso viele Mikroorganismen enthalten wie in den „Effektiven Mikroorganismen“ aus dem Handel. Da bleibt nur zu wünschen: Viel Glück beim erfolgreichen Gärtnern mit der hausgemachten „Terra preta“!

Literatur:

Mayer, J., Scheid, S., Widmer, F., Fließbach, A. & Oberholzer, H.-R. (2010): How effective are “Effective microorganisms (EM)”? Results from a field study in temperate climate. Applied Soil Ecology 46, 230–239; Elsevier.

Khaliq, A., Abbasi, M. K. & Hussain, T. (2006): Effects of integrated use of organic and inorganic nutrient sources with effective microorganisms (EM) on seed cotton yield in Pakistan. Bioresource technology 97, 967–72; Elsevier.