Prof. Dr. Sabel
Prof. Dr. Karl-Josef Sabel. ©Alexander Stahr

Nach dem Friedhofs- und Bestattungsgesetz sind Gemeinden verpflichtet, Friedhöfe anzulegen, zu unterhalten und zu erweitern. Hierbei muss ein bodenkundliches Gutachten eingeholt werden, um die Eignung einer Fläche für Erdbestattungen zu prüfen. Prof. Dr. Karl-Josef Sabel ist solch ein Gutachter.

Von Friedhöfen dürfen beispielsweise keine Geruchsbelästigungen ausgehen, Zersetzungsprodukte oder Krankheitskeime dürfen das Grundwasser nicht verunreinigen und der Boden eines Friedhofs soll für die Zersetzung von Leichen geeignet sein. Derartige Gutachten werden zum Beispiel vom Hessischen Landesamt für Umwelt und Geologie (HLUG) in Wiesbaden erstellt, wo Prof. Dr. Karl-Josef Sabel als Geologiedirektor das Dezernat Bodenschutz, Bodeninformationen leitete.

Welche Eigenschaften muss ein Boden als Friedhofstandort aufweisen?

Prof. Dr. Sabel:
Der Boden muss eine schnelle und vollständige Verwesung der Leichen bis auf die Knochenreste gewährleisten. Dies geschieht ausschließlich unter Zufuhr von Sauerstoff im belebten Boden. Nährstoffarme, saure Böden sind zu meiden. Der Verwesungsbereich des Bodens muss ausreichend Grobporen aufweisen, die eine dauerhafte Zufuhr von Luft gestatten. Fehlt Sauerstoff, so kommt es zur Fettsäure-Konservierung der Leiche, wodurch Wachsleichen entstehen. Zudem muss der Boden ausreichende Filter- und Sorptionseigenschaften besitzen, und das Grundwasser darf die Verwesungszone nicht erreichen. Der Boden darf auch kein Sickerwasser stauen.

Welche Bodentypen sind häufig?

Prof. Dr. Sabel:
Da die meisten Ortschaften in Landschaften mit etwas besseren Böden liegen, sind auf den altangelegten Friedhöfen lößlehmreichere Böden häufiger als die steinigen Böden aus eiszeitlichen Schuttdecken, aber oft wurden dann nicht die ertragreichsten Flächen für Friedhöfe ausgewählt, sondern oft mehr oder minder staunasse oder etwas steinigere, die eben landwirtschaftlich nicht so attraktiv waren.

Wie geht man bei der Begutachtung vor und auf was ist zu achten?

Prof. Dr. Sabel:
Seitens der Begutachtung wählt man die Punkte aus, wo Löcher gebaggert werden. Das ist abhängig vom Relief, weil sich Böden je nach Hanglage verändern und somit auch ihre Eigenschaften. Man berücksichtigt zudem die Geologie, also die Gesteine und ihre Eigenschaften: An steilen Oberhängen kommt das Festgestein nahe an die Oberfläche (unerwünscht) oder an auslaufenden (konkaven) Unterhängen staut Wasser in den Böden langfristig ein (unerwünscht).

Was passiert im Anschluss an die Untersuchung?

Prof. Dr. Sabel:
Die Untersuchungen sollen der Gemeinde helfen, etwaige Meliorationsmaßnahmen zu planen: zum Beispiel Geländeaufschüttung, keine Erdbestattungen sondern Urnen-Grabstellen, unter Umständen Drainagen, keine Steinabdeckungen auf den Grabflächen, Veränderungen der Ruhefristen und so weiter. Die Empfehlungen gehen in den Bebauungsplan mit ein. Manchmal müssen auch die Friedhofssatzungen geändert werden. Dann muss die Gemeinde nach alternativen Standorten suchen.

Wie oft kommen solche Untersuchungen vor?

Prof. Dr. Sabel:
Bis vor etwa zehn Jahren hatten wir 40 Gutachten hinsichtlich der Erweiterung von Friedhöfen pro Jahr. Heute werden zunehmend Urnenfelder angelegt, die weniger Platz in Anspruch nehmen und nicht mehr „verwesen“ müssen. Zudem ist gerade in den Städten Land sehr teuer, daher der Trend zu kürzeren Friedhofsruhefristen. Es wird begutachtet, ob die Ruhefrist von 30 auf 25 Jahre verkürzt werden kann. Und Friedhofssanierungen stehen an, man will ordentliche Friedhöfe, weniger Erweiterungs-Gutachten. Insgesamt hat sich daher die Zahl der Gutachten nicht wesentlich geändert, allerdings die Ausrichtung.