Prof. Dr. Hans-Jörg Vogel
Prof. Dr. Hans-Jörg Vogel leitet die Abteilung Bodenphysik am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH (UFZ) in Leipzig und lehrt Bodenphysik an der Martin-Luther Universität in Halle. Am UFZ koordiniert er das BonaRes-Projekt. ©Privat

Die Fruchtbarkeit eines landwirtschaftlich genutzten Bodens ist die Grundlage für eine nachhaltige Produktion von Nahrungs- und Futtermitteln sowie von pflanzlichen Rohstoffen, die als Energieträger oder für industrielle Zwecke eingesetzt werden. Da Äcker, aber auch Wiesen und Weiden häufig sehr unterschiedliche Bodeneigenschaften aufweisen, kann es im Zuge der Bewirtschaftung je nach Standort zu einer Nährstoffunter- oder Nährstoffüberversorgung kommen. Dies bedeutet Ertragsverluste auf der einen, Umweltbelastungen auf der anderen Seite. Um Empfehlungen für ein ortsspezifisches Düngungsmanagement geben zu können und um Bodenfunktionen zu verbessern sowie Umweltbelastungen zu verringern, wurde die Fördermaßnahme des Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) „BonaRes – Boden als nachhaltige Ressource für die Bioökonomie“ (Zentrum für Bodenforschung) ins Leben gerufen. „Die durch BonaRes zu fördernden Forschungsarbeiten sollen das Ziel verfolgen, die Leistungs- und Ertragsfähigkeit der Ressource Boden langfristig zu sichern und wenn möglich zu steigern. Hierfür sollen Projekte zur Forschung an Böden initiiert werden, die intensiv oder extensiv agrarisch oder gartenbaulich genutzt werden. Böden unter Dauergrünlandnutzung können ebenfalls Berücksichtigung finden. Forstlich genutzte Böden, Moore und übrige Flächen sind nicht angesprochen“, heißt es u. a. in der Bekanntmachung des BMBF vom 17.07.2013. Dazu befragte ahabc.de Prof. Dr. Hans-Jörg Vogel. Prof. Vogel leitet die Abteilung Bodenphysik am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH (UFZ) in Leipzig und lehrt Bodenphysik an der Martin-Luther Universität in Halle. Am UFZ koordiniert er das BonaRes-Projekt.

Für landwirtschaftlich genutzte Böden in der BRD liegen bereits zahlreiche bodenchemische und bodenphysikalische Daten vor. Neben den bodenkundlichen Landesaufnahmen durch die geologischen Dienste der Bundesländer gibt es die umfangreiche Datenerhebung im Zuge der Bodenzustandserhebung Landwirtschaft (BZE Landwirtschaft) durch das Johann Heinrich von Thünen-Institut in Braunschweig (Bundesforschungsinstitut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei). Hierbei wurden u. a. der organische Kohlenstoffgehalt und der Feinbodenvorrat nach Horizonten und Tiefenstufen sowie alle gängigen bodenkundlichen Kriterien von Bodenart über pH-Wert bis hin zur Bodenfarbe kartiert, im Labor analysiert und alle standorttypischen Merkmale dokumentiert. Inwieweit liefert das BonaRes-Projekt weitere oder neue Erkenntnisse zu landwirtschaftlich genutzten Böden?

Prof. Vogel: Das BonaRes-Zentrum hat sich zur Aufgabe gemacht, bodenbezogene Daten für die wissenschaftliche Gemeinschaft aber auch für die Landwirtschaft, für Entscheidungsträger und alle anderen an Böden Interessierten verfügbar und möglichst einfach zugänglich zu machen. Dabei geht es neben den erwähnten Bodenzustandserhebungen auch um Bodenkarten wie sie bei der BGR vorliegen, um Messdaten aus Dauerversuchen und natürlich auch um die im Rahmen der BonaRes-Projekte neu produzierten Ergebnisse. Der Zugriff auf die Daten soll in enger Zusammenarbeit mit den von Ihnen genannten Instituten geschehen. Wir wollen keine parallelen Datenbanken erschaffen sondern nur einen effizienten Zugriff auf die Daten über unser BonaRes-Portal bereitstellen. Die Daten können dann in verschiedenen Modellen verwendet werden, um Bodenfunktionen bewerten und damit Entscheidungshilfen zum nachhaltigen Bodenmanagement geben zu können. Für die Wissenschaftler sollen damit wesentlich bessere Voraussetzungen geschaffen werden, die an einzelnen Standorten gewonnen Erkenntnisse auch auf andere zu übertragen. Darüber hinaus kann die Wirkung von Bodenbewirtschaftung auf Bodenfunktionen nur standortsspezifisch beurteilt werden und braucht daher den Zugriff auf möglichst hoch aufgelösten Standortsdaten.

Was ist unter dem Begriff „Bioökonomie“ im Zusammenhang mit BonaRes zu verstehen?

Prof. Vogel: Die „Bioökonomie“ umfasst eine enorm breite Palette an Themen. Im Rahmen von BonaRes betrachten wir den Aspekt der Produktion von Nahrungsmitteln und Rohstoffen auf unseren Äckern und welche Wirkungen diese Produktion auf all die andern Bodenfunktionen hat. Neben dieser Produktionsfunktion bestimmen Böden maßgeblich die Kreisläufe von Wasser, Kohlenstoff und Nährstoffen sowie die Mobilität von Schadstoffen und fungieren als Filter für sauberes Grundwasser und als Habitat einer enormen Vielfalt von Organismen. Diese Funktionen sollten als Ökosystemdienstleistungen bewertet und zu einem wesentlichen Bestandteil der Bioökonomie gemacht werden.

Was ist das Ziel von BonaRes und welche Institutionen sind an diesem Projekt beteiligt?

Prof. Vogel: Das Ziel von BonaRes ist letztlich, die Wirkung von Maßnahmen der Bodenbewirtschaftung auf die Vielfalt der Bodenfunktionen für die jeweiligen Standorte wissenschaftlich gut begründet beurteilen zu können und dieses Wissen auch für die praktische Landwirtschaft und Entscheidungsträger verfügbar zu machen. An den 10 geförderten Forschungsverbünden sind insgesamt 48 deutsche Forschungseinrichtungen und Institutionen beteiligt. Als koordinierendes Projekt hat sich das BonaRes-Zentrum für Bodenforschung gegründet, das vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) und dem Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) geleitet und durch drei weitere Partner, der Technische Universität München, der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung (SMNG) und der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), ergänzt wird.

Auch landwirtschaftlich genutzte Böden haben Funktionen, die weit über ihre wirtschaftliche Produktivität als natürliche Ressource hinausgehen. Sie sind wichtige Filter und Puffer gegenüber stofflichen Einträgen jeder Art (Grundwasserschutz), Kohlenstoffspeicher und sind auch Lebensraum für unzählige Individuen vom Tier- bis hin zum Reich der Mikroorganismen. Wird dies im Zuge des Projektes ebenfalls berücksichtigt und falls ja wie?

Prof. Vogel: Wie gesagt, die Betrachtung all dieser Bodenfunktionen über die landwirtschaftliche Produktion hinaus ist ein wesentlicher Bestandteil von BonaRes. Die Herausforderung dabei ist, dass sich diese Funktionen nur als Ergebnis einer Vielzahl komplexer Wechselwirkungen zwischen physikalischen, chemischen und biologischen Prozessen verstehen lassen. In BonaRes wollen wir die verschiedenen Disziplinen der Bodenwissenschaften zusammenbringen, um zu der nötigen, systematischen Betrachtung von Böden zukommen. Dies ist eine absolut spannende und sehr anspruchsvolle Aufgabe, die sich nur mit einer langfristig angelegten Perspektive wie sie BonaRes bietet (9 Jahre!) in Angriff nehmen lässt.

Welche Rolle spielt der Klimawandel im Hinblick auf die effektive Nutzung von Ackerböden? Werden sich dadurch Vor- oder Nachteile einstellen? Und wie fließt der Faktor Klimawandel in das BonaRes-Projekt ein?

Prof. Vogel: Das Klima ist grundsätzlich ein entscheidender Standortsfaktor und spielt selbstverständlich eine wesentliche Rolle für die Ausprägung von Bodenfunktionen. Wenn wir es tatsächlich schaffen, die Wirkung von Landnutzungsmaßnahmen auf diese Bodenfunktionen zuverlässig vorherzusagen, muss dabei der Klimaeffekt integraler Bestandteil sein. Im Moment können wir tatsächlich keine zuverlässigen Aussagen über Vor- und Nachteile machen – weil eben die komplexen Wechselwirkungen noch zu wenig überblickt werden. Natürlich hoffen wir, dass wir am Ende von BonaRes hier einen wesentliche Schritt weiter gekommen sind. Wichtig für die Abschätzung des Einflusses des Klimawandels ist die Verfügbarkeit von Langzeitdatensätzen. Hier sollte zumindest ein Teil unserer Bodendauerversuche wichtige Informationen liefern können. Langfristig werden auch die TERENO-Observatorien wichtige Daten hierzu liefern.

Landwirtschaftlich genutzte Flächen sind vor dem Hintergrund einer stark wachsenden Weltbevölkerung zur Sicherung der Ernährung – auch in unseren Breiten – von enormer Bedeutung. Dem steht eine zunehmende Landnutzung durch Zersiedelung, wachsende Gewerbegebiete und den Neubau von Verkehrswegen entgegen. Kann ein Projekt wie BonaRes hierbei steuernd wirken? Denn zur nachhaltigen Nutzung der Ressource Boden gehört ja auch sein Erhalt.

Prof. Vogel: Wir werden mit BonaRes zu einer angemesseneren Bewertung von Böden und ihren Funktionen beitragen. Das wird dann hoffentlich auch Einfluss auf Entscheidungen haben, bei denen Bodenverluste eine nunmehr besser zu beurteilende Rolle spielen.

Wie sehen Sie die Zukunft unserer und der landwirtschaftlich genutzten Böden weltweit vor dem Hintergrund der aktuellen Bewirtschaftung und den Zielen des BonaRes-Projektes?

Prof. Vogel: Unsere Böden in Mitteleuropa haben eine relativ hohe Stabilität und können bei angemessener Bewirtschaftung ihr Potenzial sicher auch langfristig erhalten. Hier besteht das größte Problem im enormen Flächenverbrauch durch konkurrierende Nutzungen. Weltweit gibt es jedoch eine enorme Ausdehnung von Grenzstandorten, sei es in den Tropen oder in semiariden Gebieten, wo eine unangemessene Bewirtschaftung zum langfristigen Verlust von Bodenfunktionen insbesondere auch der der landwirtschaftlichen Produktion führt. Im Rahmen von BonaRes wird unser Wissen über Bodenprozesse und ihre Wechselwirkungen zunehmend aufgebaut, was sich letztlich auch für eine nachhaltige Bewirtschaftung solcher Grenzstandorte anwenden lässt. Ein besonderes Potenzial liegt dabei auch auf neuen Strategien für den Wiederaufbau degradierter Böden.

Ahabc.de dankt Herrn Prof. Dr. Vogel für seine interessanten Antworten und wünscht ihm auch weiterhin viel Erfolg bei seiner Arbeit.