Tauen von eisreichem Permafrost durch Thermokarst-Prozesse auf der Insel Kurungnakh im Lena Delta. ©Jan Nitzbon

Forschende des Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI), der Humboldt-Universität zu Berlin (HU) und der Universität Oslo haben herausgefunden, das sehr viel Permafrost, der gegenwärtig noch sehr kalt ist, bereits am Ende dieses Jahrhunderts verschwinden könnte. Neu ist, dass sie bei ihren Modellierungen Thermokarst-Prozesse berücksichtigt haben. Die Ergebnisse der Studie wurden jetzt in Nature Communications veröffentlicht.

Der Klimawandel sorgt für steigende Temperaturen und vor allem dafür, dass die in hohen Breitengraden und Hochgebirgen gelegenen Permafrostböden auftauen. Taut Permafrost auf, können große Mengen Treibhausgas in die Atmosphäre gelangen und die globale Erwärmung verstärken. Eine Folge ist auch, dass der Boden durch das schmelzende Eis seine Stabilität verliert, sich kleinere und größere Senken und Rutschungen bilden. Diese Veränderung des Landschaftsbilds wird Thermokarst bezeichnet.

Forschende des Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung, der Humboldt-Universität und der Universität Oslo haben nun mit Hilfe von neuen Computermodellen näher untersucht, wie sich Thermokarst-Prozesse auf das Auftauen von Permafrost in Nordostsibirien, einer Region, in der sehr kalter und vermeintlich stabiler Permafrost existiert, unter verschiedenen Klimaerwärmungsszenarien auswirken können.

„Wir haben herausgefunden, dass unter Berücksichtigung von Thermokarst-Prozessen sehr viel Permafrost, der gegenwärtig noch sehr kalt ist, also circa minus zehn Grad, bereits am Ende dieses Jahrhunderts verschwinden könnte. Wenn Thermokarst nicht berücksichtigt wird, bleibt der Permafrost in den Projektionen der Modelle hingegen meistens stabil“, sagt Geoforscher Jan Nitzbon, der am AWI und der Humboldt-Universität promoviert. Thermokarst-Prozesse sind im eisreichen Permafrost Sibiriens und Alaskas weit verbreitet, wurden bislang allerdings bei Modellierungen der Entwicklung von Permafrost im Zuge der Klimaerwärmung kaum berücksichtigt.

Generell sehen die Forscher*innen, dass Thermokarst-Prozesse lokal zu schnellerem Auftauen von Permafrost führen. „Das haben unsere Ergebnisse weitgehend bestätigt. Wir haben allerdings auch stabilisierende Prozesse berücksichtigt, die das Auftauen bremsen können. Uns hat erstaunt, dass unter einem moderaten Erwärmungsszenario diese bremsenden Prozesse das schnelle Auftauen von Permafrost weitgehend eindämmen könnten“, so Nitzbon. Unter einem stärkeren Erwärmungsszenario überwogen jedoch selbstverstärkende Prozesse, sodass sehr viel Permafrost auftauen und die Landschaft sich drastisch verändern würde.

Die Forscherinnen und Forscher haben für die Studie neue Methoden entwickelt. Sie dienen der Verbesserung von Erdsystemmodellen, da sie das Auftauen von Permafrost in einer sich erwärmenden Arktis realistischer abbilden können, als das bisher der Fall ist.

Die Ergebnisse zeigen auch, dass eine Begrenzung der menschgemachten Erderwärmung dazu beitragen kann, arktische Ökosysteme vor drastischen Veränderungen durch das Auftauen von eisreichem Permafrost zu schützen.

Quelle: IDW-online