Pilze reagieren empfindlich auf wärmeres Klima
Die Klimaerwärmung wird die Zusammensetzung der Pilzgemeinschaft im Boden verändern, insbesondere an kalten Standorten wie an der Waldgrenze. Das hat ein Team von Forschenden der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) in einem sechsjährigen Versuch bei Davos (Schweiz) herausgefunden. In der Folge dürften sich auch die Nährstoffkreisläufe im Ökosystem verändern.
Verändern sich die Temperaturen aufgrund des Klimawandels, wird es auch im Boden wärmer – mit Folgen für die Pilzgemeinschaft. Was dies genau für die Pilze bedeutet, untersuchten Forschende der WSL in einem sechsjährigen Experiment am Stillberg bei Davos (GR). An der Waldgrenze erwärmten sie den Boden unter Lärchen- und Bergföhrenwäldern um 4°C. Dies entspricht einer Erwärmung, wie sie bis zum Jahr 2070 dort erwartet wird. Auf insgesamt 20 Testflächen legten sie dazu Heizkabel auf der Bodenoberfläche aus und heizten so die oberste organische Bodenschicht auf.
DNA-Untersuchungen von Bodenproben und der Fruchtkörper der Pilze zeigten, dass sich die Artenzusammensetzung der Pilze durch die Erwärmung verändert hat. Eine Pilzart, der Orangegelbe Lärchenschneckling (Hygrophorus speciosus Peck), verschwand fast vollständig. Andere Arten wie der Rotbraune Milchling (Lactarius rufus) und der Weissmilchende Helmling (Mycena galopus) profitierten von der Erwärmung und kam deshalb häufiger vor. Auf den 20 Kontrollflächen ohne künstliche Erwärmung stellten die Forschenden keine Veränderungen bei den Pilzen fest.
Mehr Stickstoff schmeckt nicht allen
Grund für die Veränderungen im Boden ist wahrscheinlich weniger die Erwärmung selber als eine damit verbundene erhöhte Verfügbarkeit an Stickstoff. Durch die höheren Temperaturen wurden die Mikroorganismen im Boden aktiver, zersetzten mehr Humus und machten so doppelt so viel Stickstoff verfügbar wie auf Flächen ohne Erwärmung. Stickstoffliebende Pilze wie der Rotbraune Milchling (Lactarius rufus) konnten sich dadurch schneller vermehren als die anderen. Die Geschwindigkeit, mit der sich die Verhältnisse im Boden änderten, hat die Forschenden überrascht: „Dass eine Erwärmung so deutlich und in relativ kurzer Zeit die Pilzgemeinschaft verändert, haben wird nicht erwartet“, sagt Frank Hagedorn, Geoökologe an der WSL und Leiter der Studie. „Die Ergebnisse belegen, dass Pilze sehr empfindlich auf Umweltveränderungen reagieren.“
In den Böden unter Lärchen waren die Veränderungen ausgeprägter als in denjenigen unter Bergföhren. Dies hängt einerseits damit zusammen, dass jede Baumart ihre eigene Pilzgemeinschaft hat. Andererseits unterscheidet sich auch die Zusammensetzung des organischen Bodenmaterials unter Lärchen und Föhren.
Die Resultate weisen darauf hin, dass ein weiteres Ansteigen der Temperaturen aufgrund der Klimaveränderung die Prozesse und Nährstoffkreisläufe im Boden verändern dürfte. Dies gilt insbesondere für kalte Standorte wie an der Waldgrenze, wo den Bäumen bislang nur wenig Stickstoff zur Verfügung stand. Mit der Erwärmung trocknen zudem die Böden aus. Den Pflanzen, aber auch den Pilzen und Bodenorganismen steht zwar mehr Stickstoff zur Verfügung, aber weniger Wasser. Dies verändert die Wechselwirkungen zwischen den Bäumen, den Pilzen sowie dem Boden.
Der «Stillberg» bei Davos (GR) ist eine der am besten untersuchten Versuchsflächen der Eidg. Forschungsanstalt WSL. Der 1975 systematisch mit Arven, Bergföhren und Lärchen bepflanzte Hang gibt seitdem Auskunft über die langfristige Wirkung verschiedener Umweltfaktoren an der alpinen Waldgrenze. Seit einigen Jahren werden einzelne Bäume am Stillberg zudem experimentell höheren CO2-Konzentrationen ausgesetzt und erwärmt. Damit entwickelt sich der Stillberg zunehmend auch zum Experimentierfeld für die Beantwortung von Fragen rund um den Klimawandel.
Quelle: IDW-online
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