Watzmann
Blick auf den Watzmann (2713 m) in den Berchtesgadener Alpen, einem der bekanntesten Berge der Nördlichen Kalkalpen. ©Alexander Stahr

Böden bilden den belebten äußersten, lockeren und verwitterten Teil der Erdkruste. Sie entstanden und entstehen unter dem Einfluss der Boden bildenden Faktoren oder Standortfaktoren. Dazu zählen die Zeit, die Eigenschaften des Ausgangsgesteins der Bodenbildung, das Klima, das Relief, Tiere und Pflanzen, die Aktivität von Mikroorganismen, das lokale Wasserangebot und nicht zuletzt der Mensch.

In den Alpen wechseln die naturräumlichen Gegebenheiten im Gegensatz zu außeralpinen Gebieten Mitteleuropas auf kleinstem Areal, sodass die Standortfaktoren eine sehr hohe horizontale und vertikale Variabilität aufweisen. So führt etwa die Ablagerung von Hangschutt, Kolluvien, Moräne, Bergsturzmaterial und vielen anderen Lockersedimenten unterschiedlichsten Alters dazu, dass man auf vergleichsweise kleinem Raum Böden in unterschiedlichen Entwicklungsstadien nebeneinander vorfindet. Wie Gebirgsböden im Allgemeinen, so sind auch die Böden der Alpen zudem meist steinreich und durch verringerten Streuabbau charakterisiert.

Dabei sind sie zugleich in vielfältiger Weise von Abtragung durch Wasser und Schnee betroffen, wozu der Mensch vielerorts einen nicht unbedeutenden Beitrag leistet. Infolge der unterschiedlichsten Abtragungsprozesse weisen die alpinen Böden in vielen Fällen mehr oder weniger intensive Erosionsstadien und Überlagerungen durch erodiertes Bodenmaterial (= Kolluvium) auf.

Anmerkungen zur Systematik und Terminologie alpiner Böden

Blick vom Hochfelln
Blick vom Hochfelln (1674 m) auf den Nordrand der Nördlichen Kalkalpen. ©Alexander Stahr

In den Alpen sind Bodentypen und Bodenformen anzutreffen, die deutlich von den Böden der Bodensystematik der Bundesrepublik Deutschland (AG Boden 2005) abweichen, d. h., die dort nicht definiert oder anderen Subtypen und deren Varietäten zugeordnet sind. So werden gemäß AG Boden (2005) typische alpine Bodenbildungen aus rein organischen Lagen über Festgestein oder Grobskelettsubstraten (häufig in der Literatur als Polster-, Moder-, Pech- und Tangelrendzinen angesprochen) zum Teil den Bodentypen Felshumusboden und Skeletthumusboden zugeordnet (Abteilung: Terrestrische Böden, Klasse O/C-Böden). Gemäß der „Systematischen Gliederung der Böden Österreichs“ (Österreichische Bodensystematik 2000 in der revidierten Fassung von 2011) werden Polster-, Moder-, Pech- und Tangelrendzinen in die Ordnung Terrestrische Böden und dort in die Klasse Terrestrische Humusböden als Subtypen und Varietät des Typs Rendzina gestellt. Innerhalb der Klassifikation der Böden der Schweiz (zweite korrigierte Auflage 2002) würden diese Bodentypen den Humuskarbonatgesteinsböden oder den Karbonatböden mit Sekundärmineralien (Rendzinen) zugeordnet. Nach der World Reference Base for Soil Resources (WRB) handelt es sich bei Polster-, Moder-, Pech- und Tangelrendzinen um Histosols (Humuslagen ≥ 1 dm), Hyperskeletic Leptosols (≥ 90% Skelett) oder Dystric Leptosols (< 50% Basensättigung). Bezeichnungen für alpine Böden mit mächtigen Humuslagen wie z. B. Tangelmoder-Renskelettosol (Ren = rendzinaartig) oder Tangelmör-Renpetrosol (Bochter 1984) haben sich nicht durchgesetzt. In der Literatur über alpine Böden finden sich des Weiteren zahlreiche Bodentypenbezeichnungen, die keiner nationalen Systematik zu finden sind. So etwa Bezeichnungen wie Alpine Rasenbraunerde (z. B. Kubiena 1953, Bätzing 1997, Veit 2002), Alpiner Ranker (z. B. Gracanin 1972), Alpiner Pseudogley (z. B. Nestroy 1984, Bätzing 1997, Veit 2002) oder Alpiner Weidepseudogley (z. B. Dommermuth 1995, Stahr 1997, 2000). Während die drei erstgenannten Bodentypen ohne weiteres nationalen Bodenklassifikationssystemen zugeordnet werden können, so stellen der Alpine Pseudogley und der Alpine Weidepseudogley tatsächlich eigenständige Bodentypen mit hochgebirgstypischer Dynamik dar (lang anhaltender Bodenfrost, trittinduzierte Pseudovergleyung auf Weidehängen). Im Folgenden wird der Bezeichnung von Bodentypen die Bodensystematik der Bundesrepublik Deutschland (AG Boden 2005) zugrunde gelegt und in speziellen Fällen durch die Österreichische Bodensystematik ergänzt. Die WRB Bezeichnung ist obligat.

Nördliche Kalkalpen

Die Nördlichen Kalkalpen sind Teil der Ostalpen und erstrecken sich in einer Breite von bis zu 50 km vom Nordwesträtikon (Schweiz) und Rheintal in Vorarlberg (Österreich) über rund 500 Kilometer bis zum Wiener Becken. Sie gliedern sich von Westen nach Osten in Nordwesträtikon und Bregenzer Wald, Allgäuer Alpen und Lechtaler Alpen, Tirolisch-Bayerische Kalkalpen, Berchtesgadener und Salzburger Kalkalpen sowie Salzkammergutberge und Steirisch-Niederösterreichische Kalkalpen.

Ausgangsgesteine und Substrate der Bodenentwicklung

Watzmann
Blick auf die Watzmann-Ostwand, der höchsten Wand der Ostalpen. ©Ewald Langenscheidt, Büro Geo&Natur

Die wesentlichen Gesteine der Nördlichen Kalkalpen sind die Kalke und Dolomite der Trias [etwa 252 bis 201 Millionen Jahre vor heute (= unterstes System des Mesozoikums oder Erdmittelalters etwa 252 bis 65 Millionen Jahre vor heute)]. Dazu zählen u. a. der Hauptdolomit, der Ramsaudolomit, der Wettersteinkalk und der Dachsteinkalk. Hinzu treten in geringerer Verbreitung mergelig-kalkige Gesteine wie die Kalksandsteine der Werfen-Formation oder der Werfender Schichten (untere Trias) oder die Gesteine der Kössener Schichten (obere Trias) sowie mergelige, kieselige Gesteine des Juras wie die Allgäu-Formation (Fleckenmergel), Chiemgauer Schichten, die kieselige Ruhpolding-Formation oder beispielsweise die mergeligen Ammergauer Schichten, früher Aptychenschichten genannt.

Die Dolomite und Kalke mit hohem Reinheitsgrad der Carbonate (z. B. Wettersteinkalk bis 99%, Dachsteinkalk bis 100%, Hauptdolomit bis 60% CaCO3 und bis 46% MgCO3) lassen bei der Carbonatlösung durch Niederschläge (chemische Verwitterung oder Kohlensäureverwitterung) in der Regel kaum nennenswerte Verunreinigungen oder Nebengemenganteile (= mineralisches Residuum aus Ton und Oxiden) als Ausgangssubstrat für eine tiefgründigere Mineralbodenbildung zurück. Vorkommen von Böden mit verbrauntem oder tonreichem Unterboden (Bv-, T-Horizonte von Terra fusca-Profilen) über reinen Kalken und Dolomiten sind im Fall der Bv-Horizonte auf die spätglaziale Akkumulation von Flugstäuben (Löss) zurückzuführen und werden im Fall der T-Horizonte als Ergebnis intensiver Verwitterung von Carbonaten unter Paläoklimaten angesehen. Rezent erfolgt Flugstaubeintrag in den Nördlichen Kalkalpen aus den Zentralalpen (glimmerreicher Flugstaub) und aus der Sahara, so dass auch in reinen Humuslagen über Carbonatgesteinen ein gewisser Anteil an Mineralien (z. B. Glimmer) vorhanden ist.

Verwitterungsprodukte der mergeligen bis kieseligen Gesteine der Trias und des Jura sind im Verbreitungsgebiet dieser Gesteine meist Bestanteile mehrgliedriger, spätglazialer Solifluktionsschuttdecken (periglaziäre Lagen) mit höherem äolischen Anteil (Löss), welche die Entwicklung relativ tiefgründiger Böden ermöglichten. Weitere Ausgangssubstrate der Bodenbildung sind glaziale Sedimente (Moränenwälle, Grundmoränen), fluvioglaziale Schotter, Schwemmkegel, Flussterrassen, Mur- und Sturzkegel sowie anthropogene Aufschüttungen und Erosionsstandorte (Blaiken).

Bodentypen

O/C-Böden (≈ WRB Leptosols oder Histosols)

Felshumusboden
Felshumusboden über Dachsteinkalk, Berchtesgadener Alpen. ©Alexander Stahr

Auf Kalk- und Dolomitfelsen ohne nennenswerte Flugstaubakkumulation sowie auf Sturzkegeln und Felssturzablagerungen der montanen (700-1400 m) und subalpinen (1400-2000 m) Höhenstufe finden sich insbesondere in feucht-kühlen (schattigen) Reliefbereichen mit verringertem Streuabbau bis zu mehrere Dezimeter mächtige Humuslagen. Diese rein organischen Böden, sieht man von geringen rezenten Flugstaubbeimengungen ab (glimmerhaltige Stäube aus den Zentralalpen, Saharastaub), werden als Felshumusböden (Lithic Leptosols oder Histosols) und Skeletthumusböden (Humusauflage ≥ 1 dm: Histosol; ≥ 90 % Skelett: Hyperskeletic Leptosol; <50 % Basensättigung: Dystric Leptosol oder Eutric Leptosol) bezeichnet. Sie besitzen ein O/mC-Profil über Festgestein und ein xC+O/C-Profil, wenn sie in Schutt entwickelt sind. Der Großbuchstabe „O“ bezeichnet hierbei den organischen Bodenhorizont, „C“ das anstehende Gestein. Der Kleinbuchstabe „x“ bedeutet steinig und „m“ steht für massiv oder nicht grabbar. Schon die geringste Humuslage, die höheren Pflanzen ein Wachstum ermöglicht, wird in der Bodenkunde als Boden betrachtet. Es gibt also keine Mindestmächtigkeit für O-Horizonte.

Im Kontaktbereich zwischen O- und C-Horizont aus Karbonatgestein kann es bei mächtigen Humuslagen zur Ausbildung eines Ovh-Horizontes kommen (v von vererdet). Dieser krümelige, sich teils auch etwas schmierig anfühlende Horizont wird bereits mehr oder weniger durch die Eigenschaften des anstehenden Gesteins beeinflusst. So steigt sein pH-Wert im Gegensatz zum Oh-Horizont des Rohhumus stark an. In diesem Fall spricht man von Tangelhumus, bei geringmächtig entwickeltem Ah-Horizont von der Tangelrendzina (Ah/C-Boden mit mächtigen Humuslagen). Der Begriff „Tangelhumus“ geht auf den österreichischen Bodenkundler Walter Kubiena (1897-1970) zurück, der sich in den 40er und 50er Jahren des 20. Jahrhunderts intensiv mit den alpinen Humusformen befasste.

Ebenfalls in schattigen Lagen der subalpinen und alpinen Höhenstufe trifft man die Pechrendzina an. Bei diesem Boden handelt es sich auch um rein organische Lagen über Fels oder in Hohlräumen zwischen Blockschutt, also einem Boden mit O/mC- oder xC+O/C-Profil gemäß deutscher Systematik. Das Besondere der Pechrendzina ist der im feuchten (frischen) Zustand tief schwarze, völlig humifizierte und schmierige (ähnlich wie Pech) O-Horizont (= H-Horizont gemäß österreichischer Bodensysthematik, H von Huminstoffbildung). Im trockenen Zustand ist der Boden rötlich-braunschwarz und fest. Ein geringmächtiger Ah-Horizont (≤ 2 cm) kann auftreten.

Felshumusboden
Auf Felshumusböden finden die Wurzeln größerer Bäume oft nur ungenügend Halt. ©Alexander Stahr

Felshumus- und Skeletthumusböden sind sehr erosionsanfällig, weil die organische Substanz nicht an Tonteilchen gebunden ist. Es fehlt die so genannte Ton-Humus-Kopplung. Eine Entwaldung hätte für diese Böden und das gesamte Ökosystem somit fatale Folgen. Denn der Aufbau neuer Humusschichten erscheint unter den derzeit gegebenen klimatischen Verhältnissen in den Nördlichen Kalkalpen in ungeschützter Lage fast ausgeschlossen, da durch die hohen Niederschläge anfängliche Bildungsstadien abgeschwemmt würden. Selbst unter einem vor Austrocknung und Starkregen schützenden Kronendach einer Waldbestockung, die zugleich als Streulieferant dient, sind unter immergrünen Koniferen mindestens 30 Jahre zur Bildung einer nur 2,5 Zentimeter mächtigen Humusschicht nötig. Humusprofile von 20 Zentimeter Mächtigkeit entstehen unbeeinflusst frühestens nach rund 200 Jahren, während man bei organischen Auflagen mit einer Mächtigkeit um 35 Zentimeter von einer Bildungsdauer von etwa 700–1400 Jahren ausgehen muss. Das Alter eines über 60 Zentimeter mächtigen Tangelhumus dürfte bei 3000-4500 Jahren liegen.

Rohböden (≈ WRB Leptosols, Regosols)

Blaike
Durch Schneedeckenbewegungen hervorgerufene Erosion (Blaike). Auf solchen Flächen beginnt eine erneute initiale Bodenentwicklung. ©Alexander Stahr

Syroseme (Leptosols) mit Ai/mC-Profil (i von initial, m für massiv) und Lockersyroseme (Regosols) mit Ai/lCv-Profil haben sich auf Felsen und im Felsschutt der subnivalen Höhenstufe (2700-3000 m) entwickelt, sind aber auch auf jungen Ablagerungen in tieferen Lagen anzutreffen (Mur- und Sturzkegel, anthropogene Aufschüttungen). In der subalpinen und alpinen Höhenstufe sind Hangneigungen von mehr als 30 Grad auf Almen keine Seltenheit. Größere Steine auf der Bodenoberfläche und junge Bäume bieten daher optimale Ansatzpunkte für die Schurfarbeit von Gleitschnee, Schneerutschen oder Grundlawinen, die zur Abtragung des Bodens führen. Strukturelle Veränderungen in der Almbewirtschaftung führten im Bereich der Nördlichen Kalkalpen in den vergangenen Jahrzehnten vielerorts zur Arbeitsextensivierung mit geringerem Personalaufwand oder zur Brache. Seither ist eine Zunahme von Erosionsschäden zu beobachten, da Schurfansatzpunkte nicht mehr entfernt, entstandene Bodenverletzungen nicht mehr behoben werden, wie etwa durch die Aufbringung von Rasensoden. Zudem betritt das unbeaufsichtigte Vieh nicht selten auch steilere Hanglagen. Bei feuchter Witterung wird das Bodengefüge völlig zertreten und homogenisiert, die Grasnarbe im Bereich von Viehgangeln vielfach abgetreten, was als Narbenversatz bezeichnet wird. So entstandene primäre Bodenschäden werden bei Starkregenereignissen durch Abspülung von Bodenmaterial oder durch Schneeschurf ausgeweitet. Vegetationslose oder nur schütter bewachsene Schädigungen der Bodendecke werden als Blaiken bezeichnet. Je nach Entstehungsart unterscheidet man Schneedruckblaiken, Schneeschurfblaiken, Trittblaiken und Blattanbrüche. Letztere sind charakteristisch für Mehrschichtböden über mergeligen bis kieseligen Sedimentgesteinen. Auf diesen Erosionsflächen entwickeln sich ebenfalls Lockersyroseme, die unter den gegenwärtigen Klimaverhältnissen im ungünstigsten Fall (ohne gezielte Sanierung) das Klimaxstadium der Bodenentwicklung darstellen.

Ah/C-Böden (≈ WRB Leptosols, Regosols und andere)

Rendzina
Rendzina aus Hauptdolomithangschutt in den Allgäuer Alpen. ©Alexander Stahr

Ein in den Nördlichen Kalkalpen sehr häufiger Boden ist die Rendzina, ein Boden aus festem oder lockerem Carbonatgestein (Kalkstein, Dolomit, Moräne). Die Normrendzina (AG Boden 2005) besitzt ein Ah/cC-Profil (c für carbonatisch), wobei die Basensättigung des Oberbodens bei ≥ 50 % liegt. Die Humusform ist häufig Mull. Der Oberboden oder Ah-Horizont ist in der Regel gut durchwurzelt und weist ein stabiles Krümelgefüge auf.

Terra fusca
Terra fusca auf der Karsthochfläche der Reiteralpe (Berchtesgadener Alpen) aus tertiär verwitterten Gosauschichten (obere Kreide) über Dachsteinkalk. ©Ewald Langenscheidt, Büro Geo&Natur

Durch die hohen Niederschläge im Alpenraum wird im Laufe der Zeit gelöster Kalk mit dem Sickerwasser abgeführt. Zurück bleibt ein minimaler, unlösbarer mineralischer Rückstand aus Ton, der als “Verunreinigung” im Gestein enthalten war und bei fortwährender Akkumulation und Verwitterung zum Bodentyp Terra fusca (Klasse: Terrae calcis) mit tonreichem Unterboden führen würde. Die Vorkommen von Terrae calcis in den Nördlichen Kalkalpen (z. B. Wettersteingebirge, Karwendelgebirge, Reiteralpe in den Berchtesgadener Alpen) mit mehr als zehn Zentimeter mächtigen Unterböden  werden jedoch als Paläoböden angesehen, die unter wärmeren Klimaten mit intensiverer Verwitterung gebildet wurden. Aber auch eine holozäne Bildung von Terrae fuscae in den Nördlichen Kalkalpen ist in der Diskussion (z. B. Biermayer & Rehfuess 1985, Küfmann 2008).

Neben typischen Rendzinen (Normrendzina) sind an Erosionsstandorten auch die Subtypen Syrosem-Rendzina (Lithic Leptosols) und Lockersyrosem-Rendzina verbreitet. In tiefgründigeren sehr skelettreichen Hangsedimenten aus Kalk oder Dolomit finden sich Rendzinen mit geringmächtigen Übergangshorizonten mit Bv-Merkmalen (verbraunte Rendzina, Braunerde-Rendzina).

Physikalische und chemische Bodenkennwerte einer Braunerde-Rendzina aus Dolomithangschutt:

Braunerde-Rendzina (WRB Rendzic Mollic Leptosol)
Königsbergalm, Berchtesgadener Alpen
Höhe: 1582 m
Hangneigung: 25°
Schwach konkaver Oberhang, südsüdostexponiert
Humuslagen: L/Of/Oh
Max. Durchwurzelung: 30 cm
Vegetation: Seslerio-Semperviretum (Lichtweidefläche)
Horizont Tiefe cm Ton% Schluff% Sand% Skelett% pH (KCL) Org. Subst.% C% Gefüge
Ah 0-9 54,0 41,0 5,0 0,0 6,2 23,08 19,3 kru-sub
Bv-lcCv 9-35 3,1 57,9 39,0 71,8 6,4 1,58 0,9 sub
lcCv 35+ 2,4 32,6 65,0 94,2 8,1 0,80 0,53 sub-ein
Braunerde-Rendzina
Braunerde-Rendzina aus Schwemmkegelschottern (Berchtesgadener Land). ©Alexander Stahr

Rendzinen aus Kalk oder Dolomit sind sehr flachgründige, oft skelettreiche Böden. Bei ihrer Entwicklung in skelettreichem Ausgangssubstrat ist auch der Unterboden humusreich (WRB Rendzic Hyperskeletic Leptosols). Rendzinen aus Festgesteinen sind nach WRB als Rendzic Leptosols anzusprechen. Auf Moränen (Grundmoränen, Moränenwälle) der subalpinen Höhenstufe trifft man unter Almwiesen sehr häufig die Mullrendzina an (L/Ah/cC-Profil). Pararendzinen mit mittleren Carbonatgehalten und einem Ah/eC-Profil haben sich in carbonathaltigen Festgesteinen (z. B. Kalksandsteine der Werfener Schichten) und Lockergesteinen (z. B. fluvioglaziale Schotter, Schwemmkegel, Flussterrassen, Moränen) entwickelt. Während diese Böden in den Nördlichen Kalkalpen weit verbreitet sind, sind Ranker (Dystric Hyperskeletic oder Lithic Leptosols) mit Ah/(ilCv)imC,ixC-Profil (i = kieselig oder silikatisch, m = massives Festgestein, x = steinig, l = locker, grabbar, Horizonte in Klammern können fehlen, Komma bedeutet alternativ) eher selten und beschränken sich auf kieselige Gesteine zum Beispiel dem Radiolarit der Ruhpolding-Formation (oberer Jura) bzw. auf dessen Verwitterungsprodukte enthaltene periglaziäre Lagen.

Braunerden (≈ WRB Cambisols, Arenosols und andere)

Braunerde
Schwach haftnässepseudovergleyte oligotrophe Braunerde aus lösslehmhaltigen perigläziären Lagen (Königstalalm, Berchtesgadener Alpen). ©Alexander Stahr

Braunerden haben sich in den Nördlichen Kalkalpen vor allem in eiszeitlichen Ablagerungen (Grundmoränen, vom Schmelzwasser geprägte Eisrandsedimente u. a.), in historischer Zeit kaum noch aktiven Schwemmfächern sowie in spätglazialen, lösslehmhaltigen Solifluktionsschuttdecken über mergeligen bis kieseligen Sedimentgesteinen der Trias (Kössener Schichten), des Juras (Fleckenmergel, Filamentkalke) und der Kreide (z. B. Rossfeldschichten) entwickelt. Diese Gesteinsserien zeichnen sich im Landschaftsbild gegenüber den reinen Karbonatgesteinen in der Regel durch sanftere, fast mittelgebirgsähnliche Landschaftsformen aus. Aufgrund dessen, aber auch infolge ihres Quellenreichtums sowie tiefgründiger Bodenentwicklung werden diese Bereiche fast ausnahmslos almwirtschaftlich genutzt. So spiegelt die Nutzung, das heißt die Verteilung von Wald und Weide häufig recht genau die geologischen Verhältnisse wider. Ein Umstand, dem die mergeligen bis kieseligen Sedimente die Bezeichnung „Almhorizonte“ verdanken. Der Strukturwandel in der Almwirtschaft (Arbeitsextensivierung, ausbleibende Pflege- und Sanierungsmaßnahmen) bewirkte in den letzten Jahrzehnten auf den Weiden eine beschleunigte Massenabtragung (Blaikenerosion), so dass Braunerden, zumeist oligotrophe, auch im Unterboden humusreiche Braunerden, häufig mehr oder weniger starke Erosionsschäden und zugleich kolluviale Überdeckungen aufweisen. Zudem weisen viele Braunerden der Nördlichen Kalkalpen aufgrund hoher Feinerdeanteile (Ton, Schluff) und hoher Niederschlagsmengen eine diffus ausgeprägte Haftnässepseudovergleyung auf, so dass diese Böden bei stärker auftretenden Pseudogleymerkmalen ohne Stausohle u. U. als Haftpseudogley-Braunerden anzusprechen sind.

Physikalische und chemische Bodenkennwerte einer typischen Braunerde aus lösslehmhaltigen Solifluktionsschuttdecken (periglaziäre Lagen) über kieselig-mergeligem Gestein (Fleckenmergelserie, Jura):

Oligotrophe Moder-Braunerde (WRB Dystric Cambisol)
Priesbergalm, Berchtesgadener Alpen
Höhe: 1508 m
Hangneigung: 37°
Konkaver Mittelhang, westexponiert
Humuslagen: L/Of/Oh
Max. Durchwurzelung: 62 cm
Vegetation: Nardetum alpigenum (Lichtweidefläche)
Horizont Tiefe cm Ton% Schluff% Sand% Skelett% pH (KCL) Org. Subst. % C% Gefüge
Ah 0-6 16,5 29,7 53,8 47,7 3,9 7,8 5,6 kru
Bv 6-24 22,2 41,3 36,5 52,6 4,0 1,9 1,1 kru-sub
IIBv-lCv 24-49 22,1 35,0 42,6 93,4 4,0 0,9 0,5 pol-einz
III lCv 49+ n .b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b.
Böden Nördliche Kalkalpen
Typische Böden der Nördlichen Kalkalpen (stark schematisch). 1 Rendzina, 2 Skeletthumusboden, 3 Felshumusboden, 4 Syrosem, 5 Lockersyrosem, 6 Braunerde, 7 Kolluvial überdeckte Braunerde. ©Alexander Stahr

Ein besonderer Bodentyp in den Almregionen der Nördlichen Kalkalpen mit tiefgründig entwickelten Böden (Braunerden, kolluvial überdeckte Braunerden) ist der Alpine Weidepseudogley. Durch die Trittbelastung im Bereich von Viehgangeln wird der Boden (Ah- und oberer Bereich B- oder M-Horizont bei kolluvialer Überdeckung) während feuchter Witterung zerknetet, also völlig homogenisiert, sodass die Trittspur als Wasserstauer bei länger anhaltenden Niederschlägen fungiert. Daher kommt es zu einer Nassbleichung im homogenisierten obersten Bodenbereich (Reduzierung und Lösung der Eisenoxide des Bodens) mit Rostbelägen in Luft führenden Wurmgängen und Wurzelkanälen. Dieser Bodentyp ist bislang in keiner nationalen Systematik erfasst, was nicht zuletzt auf seine geringe Verbreitung zurückzuführen ist. Bei Flugstaubakkumulationen auf Carbonatgesteinen in der subalpinen und alpinen Höhenstufe und der Anwesenheit von mineralischem Residuum konnten sich in den Nördlichen Kalkalpen u. a. Braunerden (Ah/Bv/IIC-Profile) und Terra fusca-Braunerden (Ah/Bvt/C-Profile) entwickeln.

Podsole (≈ WRB Podzols)

Podsole und podsolierte Böden finden sich in den Nördlichen Kalkalpen vor allem im Bereich spätglazialer, sandig-grusiger Solifluktionsschuttdecken über mergeligen bis kieseligen Sedimentgesteinen des Jura (beispielsweise Radiolarit) oder in Verwitterungsrückständen (Residuallehm) weniger reiner Karbonatgesteine der Kreide (etwa Gosauschichten) unter schwer abbaubarer Streu von Latschengebüsch und Heidelbeeren (Vaccinium myrtillus). Die Humusform ist in der Regel Rohhumus oder rohhumusartiger Moder. Auch in glazialen Sedimenten mit zentralalpinen Komponenten (Fernmoräne) sind Podsole und podsolierte Bodenformen in der montanen Höhenstufe anzutreffen. Begünstigend auf die Podsolierung wirken sich trotz relativ hoher Carbonatanteile (> 70%) ein höherer Skelettgehalt, silikatische Komponenten, eine Vegetation aus Koniferen (Fichte, Tanne, Kiefer), Vaccinium-Arten und Ericaceen, stark saure Rohhumuslagen sowie das kühl-feuchte Klima mit mittleren Jahrestemperaturen von unter 10°C und mittleren Jahresniederschlägen von mehr als 1100 mm aus. Insgesamt gesehen spielen Podsole, im Gegensatz zu den Zentralalpen, in den Nördlichen Kalkalpen eine eher untergeordnete Rolle.

Physikalische und chemische Bodenkennwerte eines Eisen-Podsols aus lösshaltigen Solifluktionsschuttdecken über kieselig-mergeligem Gestein (Ruhpoldinger Radiolarit, Jura):

Kolluvial überdeckter Eisen-Podsol (WRB Haplic Podzol)
Königstalalm, Berchtesgadener Alpen
Höhe: 1682 m
Hangneigung: 26°
Schwach konvexer Oberhang, südwestexponiert
Humuslagen: L/Of/Oh
Max. Durchwurzelung: 70 cm
Vegetation: Übergang vom Nardetum alpigenum trifolietosum zum Vaccinium uliginosum
Horizont Tiefe cm Ton% Schluff% Sand% Skelett% pH (KCL) Org. Subst.% C% Gefüge
Ah 0-4 26,6 39,8 33,6 33,48 3,3 9,1 5,3 kru
M 4-28 21,2 40,2 38,6 49,53 3,7 5,1 2,9 sub-pol
IIfAe 28-59 4,8 40,3 54,9 81,46 3,8 1,0 0,6 ein
IIIBs 59-80 36,1 39,6 24,4 41,48 3,6 2,5 1,5 pol
IVlCv 80-100+ n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b.
Eisen-Podsol
Kolluvial überdeckter Eisen-Podsol auf der Königstalalm in den Berchtesgadener Alpen (siehe Profilkennwerte). ©Alexander Stahr

Eine weitere Besonderheit des Hochgebirges stellen die Alpinen Pseudogleye dar. Zeitweiliger Wasserstau über gefrorenem Untergrund während der Schneeschmelze im Frühjahr führt zur Entwicklung des Alpinen Pseudogleys. Unter anaeroben Verhältnissen werden hochmolekulare Humusstoffe von anaeroben Mikroorganismen abgebaut. Mit dem Abtauen des Bodeneises werden die nun niedermolekularen Humusstoffe und gelöstes (reduziertes) Eisen in den Unterboden verlagert und dort angereichert. Dadurch entsteht eine ähnliche Horizontabfolge wie beim Podsol mit einem gebleichten Oberboden sowie einem Bh- und einem Bs-Horizont.

Gleye  (≈ WRB Gleysols) 

Überall dort, wo die Bodenentwicklung abseits von Mooren vom Wasser entscheidend gesteuert wird, findet man hydromorphe Böden (von griechisch hydor = Wasser und metamorphein = umgestalten). Die vom Wasser beeinflussten Böden weisen Rostfleckungen und Bleichungen durch Vorgänge der Oxidation und Reduktion auf. In den Auen von Bächen und Flüssen, in Wasser stauenden Senken, an Quellen im Hang oder in Bereichen mit permanent hohem Grundwasserspiegel trifft man den Bodentyp des Gleys und seiner nahen Verwandten an (Nassgleye oder Anmoorgleye, die allmählich zum Moor überleiten. In den Flussauen sind Gleye mit braunerdeähnlichen Braunauenböden (= Vega, von spanisch fruchtbare Ebene) und karbonathaltigen Auenpararendzinen (= Kalkpaternia, benannt nach dem Rio Paternia in Spanien) vergesellschaftet, die keine hydromorphen Merkmale aufweisen.

 

Moore (≈ WRB Histosols)

Ainringer Moos
Torfstich im Ainringer Moos (Berchtesgadener Land). ©Ewald Langenscheidt, Büro Geo&Natur

Moore sind vom Wasser geprägte organische Böden mit bis zu mehreren Metern mächtigen Humushorizonten aus Torf. Man spricht auch von vollhydromorphen Böden, die mehr als 30 Prozent organische Substanz enthalten. Sie entstehen überall dort, wo Wasser im Überschuss vorhanden ist. Sei es als Niederschlagswasser, hoch stehendes Grundwasser, Quellwasser, Hochwasser oder etwa Stauwasser. Moore sind äußerst vielgestaltig und können nach unterschiedlichsten Kriterien klassifiziert werden. Nicht selten gibt es in Abhängigkeit vom Relief und der Art des Wasserangebotes Übergangsformen zwischen mehreren Moortypen. Grob kann man aufgrund des Oberflächenverlaufes zwischen Niedermoor (≈ WRB Histosols) und Hochmoor (≈ WRB Histosols) unterscheiden.

Moore bilden sich, wenn Luftmangel den Abbau der organischen Substanz hemmt, wodurch sich große Mengen davon als Torf anreichern. Dies ist in Seen, an permanent oder periodisch vernässten Standorten der Fall. Große Niederschlagsmengen, niedrige Jahresdurchschnittstemperaturen und hohe Luftfeuchtigkeit tragen ein Übriges bei. Niedermoore bilden sich durch allmähliches Verlanden eines Gewässers vom Ufer aus. Stark wuchernde Pflanzen des Röhrichts wie Schilfrohr (Phragmites australis), Seggen-Arten (Carex spec.) oder Rohrkolben (Typha spec.) liefern das organische Material für die Torfbildung.

Kleinere Niedermoore sind in den Nördlichen Kalkalpen im Bereich von Wasser stauendem, tonreicherem Moränenmaterial zu finden. Hochmoore sind in den Nördlichen Kalkalpen im Vergleich zum Alpenvorland eher selten. Zu nennen sind beispielsweise das Böckl- und Dachlmoos bei Bischofswiesen im Berchtesgadener Land und das Bergkiefern-Hochmoor in den Ammergauer Alpen.

Literatur:

Ad-hoc-Arbeitsgruppe Boden (2005): Bodenkundliche Kartieranleitung, Hrsg.: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe in Zusammenarbeit mit den Staatlichen Geologischen Diensten, 5. Aufl., 438 S.; 41 Abb., 103 Tab., 31 Listen; Hannover.
Bätzing, W. (1997): Kleines Alpen-Lexikon. Umwelt, Wirtschaft, Kultur.- 320 S., Beck`sche Reihe; München.
Biermayer, G. & Rehfuess, K. E. (1985): Holozäne Terrae fuscae aus Carbonatgesteinen in den Nördlichen Kalkalpen.- Zeitschrift für Pflanzenernährung und Bodenkunde, 148, S. 405-416; Weinheim.
Bochter, R. (1984): Böden naturnaher Bergwaldstandorte auf carbonatreichen Substraten.- In: Nationalpark Berchtesgaden (Hrsg): Forschungsbericht 6, 212 S.; Berchtesgaden.
Dommermuth, C. (1995): Beschleunigte Massenabtragung im Jennergebiet. Ursachen und Auswirkungen beschleunigter Abtragungsvorgänge in Kulturlandschaftsbereichen der Alpen am Beispiel des Jennergebietes im Nationalpark Berchtesgaden.- In: Nationalpark Berchtesgaden (Hrsg): Forschungsbericht 32, 148 S.; Berchtesgaden.
Eidgenössische Forschungsanstalt für Agrarökologie u. Landbau (2002): Klassifikation der Böden der Schweiz; Zürich.
Food and Agriculture Organization of the United Nations (2014): World reference base for soil resources 2014, International soil classification system for naming soils and creating legends for soil maps; Rome.
Küfmann, C. (2008): Flugstaubeintrag und Bodenbildung im Karst der Nördlichen Kalkalpen.- In: Nationalpark Berchtesgaden (Hrsg): Forschungsbericht 54, 159 S.; Berchtesgaden.
Langenscheidt, E. (1994): Geologie der Berchtesgadener Berge.- 160 S.; Berchtesgaden.
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