Hochmoor
Hochmoor. ©Alexander Stahr

Methan ist ein Treibhausgas, das dem Klima 25 Mal so stark zusetzt wie Kohlendioxid. Es entsteht unter anderem in Böden, wenn den Bodenbakterien kein Sauerstoff zur Verfügung steht. Solche Bedingungen finden sich zum Beispiel in vielen Mooren, die dafür jedoch reich an Zersetzungsprodukten von Pflanzen und Lebewesen sind, den sogenannten Huminstoffen. Die Geomikrobiologen Professor Andreas Kappler und Dr. Annette Piepenbrock vom Zentrum für Angewandte Geowissenschaften der Universität Tübingen haben zusammen mit den Umweltchemikern Dr. Michael Sander und Laura Klüpfel von der ETH Zürich im Rahmen eines von Seiten der ETH geleiteten Projekts ein solches Stoffwechselsystem genauer untersucht. Sie stellten fest, dass die Bodenbakterien unter Sauerstoffmangel in weit größerem Ausmaß als bisher bekannt Huminstoffe in ihren Stoffwechsel einbeziehen können. Dies kommt dem Klima zugute, weil dabei kein Methan entsteht. Nach Schätzungen der Forscher lässt sich in Mooren über diesen Weg die Bildung von rund 3000 Kilo Methan pro Quadratkilometer und Jahr verhindern – ein bedeutender Betrag.

Um Energie für ihre Lebensprozesse zu gewinnen, verbrauchen Bakterien, wie Menschen auch, bevorzugt Sauerstoff, weil damit sehr viel Energie in der Zelle produziert werden kann. Der Stoffwechsel von Bodenbakterien ist jedoch sehr viel flexibler als der menschliche: Wenn wie häufig in Mooren vorübergehend kein Sauerstoff verfügbar ist, verwenden die Bakterien stattdessen Kohlendioxid. Dieses wird dabei zu Methan umgesetzt. Bereits seit etwa 20 Jahren ist Wissenschaftlern bekannt, dass die Bodenbakterien als Ersatz für Sauerstoff auch Huminstoffe verwenden können. In ihrer aktuellen Studie stellen die Forscher aus Tübingen und Zürich fest, dass die Huminstoffe eine viel größere Rolle spielen als bisher angenommen. „Die Mikroorganismen ziehen die Huminstoffe dem Kohlendioxid sogar vor, so dass gleichzeitig die Methanbildung unterdrückt wird“, fasst Professor Andreas Kappler die Ergebnisse zusammen.

Alle Atmungsprozesse der Lebewesen zur Gewinnung von Energie beruhen chemisch gesehen auf der Verschiebung von Elektronen. Die Bakterien benötigen einen Stoff, auf den sie ihre Elektronen übertragen können. Die Forscher konnten nun erstmals nachweisen, dass die Nutzung der Huminstoffe für diesen Zweck völlig reversibel ist. Das bedeutet, dass die Elektronen, die atmende Bakterien auf die Huminstoffe übertragen, wieder abgegeben werden können – zum Beispiel an Sauerstoff, sobald dieser wieder verfügbar ist. Die Huminstoffe stehen anschließend erneut als Elektronenempfänger bereit. „Die Huminstoffe können also ähnlich wie eine Akku-Batterie mit Elektronen aufgeladen und wieder entladen werden“, erklärt Kappler. Deshalb seien Huminstoffe besonders in solchen Systemen nützlich, in denen der Sauerstoffgehalt regelmäßig schwankt wie in Mooren mit jahreszeitlich wechselndem Wasserstand. Unterhalb des Wasserspiegels ist der Sauerstoffnachschub begrenzt, und es stellen sich schnell sauerstofffreie Bedingungen ein. Beim Sinken des Wasserspiegels werden die frei werdenden Bereiche erneut mit Sauerstoff versorgt.

Aufgrund der durchschnittlichen Höhe der Wasserspiegelschwankungen und der Huminstoffkonzentrationen in Mooren berechneten die Tübinger und Züricher Forscher, dass etwa 9×1029 Elektronen pro Jahr von den Huminstoffen in einem Quadratkilometer Torfmoor aufgenommen werden können. Dies entspricht etwa 3000 Kilo Methan, dessen Bildung dadurch unterdrückt wird. Die neuen Studienergebnisse tragen zum Verständnis der natürlichen biogeochemischen Stoffkreisläufe bei, die in Klimamodellrechnungen einbezogen werden.