Silomais – bei langjähriger, hoher organischer Düngung kann es zu N-Überschüssen kommen. Wissenschaftler der Universität Kiel wollen Werkzeuge entwickeln, mit denen Landwirte die optimalen Düngermengen für solche Standorte besser kalkulieren können. ©Dr. Hermann Hansen

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) fördert über seinen Projektträger, die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR), vier neue Forschungsverbünde zur Stickstoffeffizienz beim Anbau nachwachsender Rohstoffe. Die Arbeiten sollen dazu beitragen, Stickstoffverluste beim Rohstoffpflanzenanbau zu reduzieren.

Die Ausbringung stickstoffhaltiger Dünger (Stickstoff = N) ist u. a. mit der mikrobiellen Produktion von Lachgas (N2O), Stickoxiden (NOx) und molekularem Stickstoff (N2) und der Ausgasung von Ammoniak (NH3) verbunden. Mit Ausnahme von N2 belasten die genannten N-Verbindungen Klima und Umwelt, alle vier Verbindungen stellen außerdem N-Verlustpfade dar und reduzieren die Menge des Stickstoffs, der den Pflanzen tatsächlich zur Verfügung steht. Entsprechend schlummert in der Reduktion der Emissionen ein großes Potenzial zur Einsparung von Düngern. Auch die Verringerung der Düngermengen an überversorgten Standorten ist ein Ansatz, die Emissionen zu reduzieren, der ebenfalls im ökonomischen Interesse des Landwirtes liegt. Insgesamt sind die N-Flüsse im System Boden-Pflanze-Atmosphäre-Grundwasser allerdings komplex und das Wissen über ihre Beeinflussung unvollständig. Im Jahr 2019 hatte das BMEL vor diesem Hintergrund den Förderaufruf „Minderung der Stickstoffemissionen durch die Verbesserung der Nährstoffeffizienz“ veröffentlicht, der auf den Sektor Nachwachsende Rohstoffe abzielt. Im Ergebnis haben nun vier neue Forschungsverbünde ihre Arbeit aufgenommen.

Die Projekte sollen die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung unterstützen. Dort ist der „Stickstoffüberschuss der Landwirtschaft“ als einer von 72 zentralen Nachhaltigkeits-Indikatoren genannt. Seit 2011 liegt der Überschuss relativ konstant bei 93 Kilogramm N je Hektar. Ziel der Strategie ist es, diesen Überschuss im Jahresmittel 2028 – 2032 auf 70 kg pro Hektar zu reduzieren.

Alle vier Verbünde werden vom BMEL über den Projektträger Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR) gefördert. Informationen zu den Projekten stehen auf fnr.de unter folgenden Förderkennzeichen zur Verfügung:

„Wirkung von inhibiertem Ammoniumsulfat-Harnstoff (AS-HS) zur Erhöhung der Stickstoff-Nutzungseffizienz und Minderung von Ammoniak- und Lachgasemissionen bei der mineralischen Düngung (Win-N)“

Förderkennzeichen 2220NR082A, 2220NR082B, 2220NR082C, 2220NR082D, 2220NR082E, 2220NR082F und 2220NR082G

„Integrative Betrachtung von N-Umsatzprozessen zur Optimierung der Stickstoffeffizienz (IBAN)“

Förderkennzeichen 2220NR083A und 2220NR083B

„Sensor- und modellgestützte Quantifizierung von N-Bedarf und N-Angebot zur Steigerung der N-Effizienz im Maisanbau (NEffMais)“

Förderkennzeichen 2220NR112A, 2220NR112B und 2220NR112C

„Potentiale zur Steigerung der Nährstoffeffizienz und zur Reduzierung der Stickstoffemissionen bei Stärkekartoffeln (POTENZION)“

Förderkennzeichen 2220NR146A und 2220NR146B

Informationen zu den Projekten finden Sie in der Projektdatenbank der FNR https://www.fnr.de/projektfoerderung/projektdatenbank-der-fnr.

Hintergrund zu den Projekten

Das Thünen-Institut will mit sechs Partnern untersuchen, wie sich der Einsatz von Inhibitoren bei der Düngung mit Ammoniumsulfat-Harnstoff auf Emissionen und Erträge auswirkt. Am Verbund sind neben dem Thünen-Institut die SKW Stickstoffwerke Piesteritz, das Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung, die Universität Hohenheim, die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, das Sächsische Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie und das Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Ökologie beteiligt.

Die Forscher prüfen, inwieweit eine kombinierte Stickstoff-Stabilisierung mit Urease- und Nitrifikationshemmstoffen die gasförmigen N-Verluste minimiert und ob sie die N-Nutzungseffizienz erhöht. Geplant sind Gasmessungen unter Praxisbedingungen in maisbetonten Versuchsfruchtfolgen. Mithilfe von speziellen Labormethoden wollen die Forscher zudem die besonders schwer zu erfassenden N2-Emissionen bestimmen, die bei der mikrobiellen Umsetzung von Nitrat im Boden entstehen. Sie sind bislang in N-Bilanzen kaum berücksichtigt. Es mehren sich Hinweise, dass die N-Verluste über diesen Pfad relevant sind.

Für Ammoniumsulfat-Harnstoff existieren bislang auf europäischer Ebene keine anerkannten, spezifischen Emissionsfaktoren für Ammoniak. Das Projekt soll dazu beitragen, diese Datenlücke zu schließen.

Wie sich die Düngung mit Wirtschaftsdüngern und der Anteil von Leguminosen, also Pflanzen, die molekularen Stickstoff aus der Atmosphäre aufnehmen können, in der Fruchtfolge auf die Stickstoff-Flüsse auswirken, untersuchen das Karlsruher Institut für Technologie und die Justus-Liebig-Universität Gießen in einem Projekt. Man weiß, dass Standorte mit langjähriger organischer Düngung häufig durch einen höheren Anteil organischer Bodensubstanz gekennzeichnet sind, der mit einer erhöhten N-Versorgung der Pflanzen durch N-Mineralisierung einhergeht. Auch die N-Lieferung durch Leguminosen ist bekannt. Unklar ist aber noch, wie genau diese Effekte in der Düngebedarfsermittlung zu berücksichtigen sind. Hier setzen die Forscher an: U. a. analysieren sie die N-Bilanzen von insgesamt je 25 ökologisch und konventionell wirtschaftenden Biogasbetrieben mit und ohne Leguminosenanbau, um besonders effiziente N-Managementstrategien zu identifizieren und Kriterien für die Düngebedarfsermittlung weiter zu verfeinern. Auf Praxisbetrieben mit auffälligen Abweichungen von Düngereinsatz und Ertrag werden Verlustquellen über das empirische Modell Expert N ermittelt. Außerdem messen die Forscher in einem vergleichenden Freilandexperiment die N-Flüsse auf einer Fläche des ökologisch wirtschaftenden Lehr- und Versuchsbetriebs Gladbacherhof der Universität Gießen. Dort kommen organische Düngung und Leguminosenanbau seit langem zum Einsatz. Als Vergleichsstandort dient eine konventionell bewirtschaftete Fläche mit organischer und synthetischer Düngung ohne Leguminosen in der Fruchtfolge. Alle Ergebnisse sollen für Landwirte aufbereitet und zur Validierung des prozessbasierten Modells LandscapeDNDC genutzt werden.

Die Christian-Albrechts-Universität Kiel, die Georg-August-Universität Göttingen und der Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen wollen die N-Düngung von Silomais, der wichtigsten Energiepflanze in Deutschland, optimieren. Insbesondere bei langjähriger, hoher, organischer Düngung ist es für Landwirte schwierig, die N-Mineralisation aus dem Boden ausreichend exakt abzuschätzen. Hierdurch kann es zu N-Überschüssen und einer schlechten N-Effizienz im Maisanbau kommen. Die Forscher wollen verbesserte Berechnungswerkzeuge entwickeln, um die optimalen Düngemenge schlagspezifisch zu kalkulieren. Landwirte sollen dabei standort- und witterungsspezifische Besonderheiten stärker als bislang berücksichtigen können. Zur Entwicklung der Werkzeuge setzen die Wissenschaftler auf Sensordaten, Feldversuche und Modellierungen. Unter anderem sind Messungen der spektralen Reflexion von Maisbeständen und der NIRS-Spektren von geerntetem Mais und von Böden geplant.

Zwei Arbeitsgruppen der Georg-August-Universität Göttingen und das Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) widmen sich in ihrem Vorhaben dem Ziel, die N-Effizienz beim Anbau von Stärkekartoffeln zu verbessern. Das relativ kleine und flachgründige Wurzelsystem der Kartoffel begrenzt die Nährstoffaufnahme aus dem Boden und damit die Effizienz. Im Vorhaben verfolgen die Forscher u. a. den Ansatz, durch Verwendung eines neuartigen, versauernden Stickstoffdüngerzusatzes N-Verluste in Form von Ammoniak zu verringern. Der lokal versauernd wirkende Zusatz soll für einen pH-Wert unterhalb von 6 im Boden sorgen, wodurch kaum noch freies NH3 entsteht. Ein Düngemittelhersteller wird eigens für das Projekt Versuchschargen eines supplementierten N-Düngemittels produzieren. Die Forscher untersuchen außerdem den Einfluss unterschiedlicher Sorten auf die N-Effizienz. Genetische Faktoren scheinen eine große Rolle bei der Effizienz der Dünger-N-Nutzung zu spielen. Dies ist bislang aber vor allem für Speisekartoffeln untersucht. Im Projekt sind umfangreiche Sortenscreenings mit Stärkekartoffeln geplant.

Pressekontakt:

Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V.
Nicole Paul
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