Waldpilze
Pilze: Große Artenvielfalt. ©Alexander Stahr

Frankfurt a. M. Pilze sind weder Pflanzen noch Tiere, sondern bilden ein eigenes Organismenreich und besitzen viele besondere Fähigkeiten, die für das Funktionieren unserer Ökosysteme unverzichtbar sind. Um die Pilzvielfalt in Hessen zu ergründen, untersuchte ein Team von Pilzexperten der Goethe Universität Frankfurt am Main ein Areal im Taunus nördlich von Wiesbaden drei Jahre lang. Auf einer 500 Meter langen Wegstrecke sammelten sie jeden Monat jeweils zwei Stunden lang alle Pilzarten, die auf dem Boden, an lebenden und toten Pflanzenteilen sowie an Tieren zu finden waren.

Nun liegen erste Ergebnisse vor und sie beweisen eine erstaunliche Artenfülle: Die Pilzartenliste umfasst für diese kurze Strecke ca. 900 Arten. Dazu kommen 49 Flechtenarten sowie über 50 Arten von Schimmelpilzen aus dem Boden, von Pflanzen und aus der Luft. Als Biozahl 2014 nennt BioFrankfurt die Zahl „1000“ und weist damit auf die enorme und allgemein stark unterschätzte Artenvielfalt der Pilze, ihre Bedeutung im Ökosystem und das große Forschungspotential. Selbst nach drei Jahren intensiver Forschungstätigkeit werden mit jeder weiteren Probenahme auf dem Areal noch neue Pilzarten entdeckt. Zum Vergleich dokumentierten die Forscher die Anzahl der Pflanzenarten auf der Fläche. Nach vergleichsweise kurzer Zeit kamen sie auf eine Zahl von 219 verschiedenen Blütenpflanzen und Farnen. Damit ist die Artenzahl der Pilze also ein Vielfaches größer als diejenige der Pflanzen.

Die Forscher sammelten sowohl große Pilzfruchtkörper als auch kleine Pilze und schimmelartige Pilzgeflechte. Im Anschluss wurden diese Pilze im Labor untersucht, skizziert und bestimmt, wofür die Pilzforscher nach jeder Sammelexkursion jeweils mehrere Arbeitstage benötigten. „Die meisten der ca. 100.000 weltweit bereits bekannten Pilzarten sind mikroskopisch kleine Organismen und im Prinzip überall zu finden, im Boden, im Holz, in der Luft sowie auf und in Pflanzen, Tieren und anderen Pilzen. Nur ein Teil der Pilze bildet in mehr oder weniger großen Zeitabständen Fruchtkörper zur Sporenbildung, also typische „Pilze“ wie den Champignon, Steinpilz oder Pfifferling“, so Pilzexpertin Professor Dr. Meike Piepenbring. „Wissenschaftliche Abschätzungen haben ergeben, dass die große Vielzahl der Pilze noch gar nicht bekannt ist. Man schätzt, dass es ca. 1,5 Millionen Pilzarten weltweit gibt, und zwar in einem bestimmten Areal ungefähr sechsmal so viele Pilzarten wie Pflanzenarten.“

In Wäldern würde sich ohne die von Pilzen geleistete Zersetzungsarbeit Totholz ansammeln, so dass der Wald schließlich an seinen eigenen Abfällen erstickt. An Pflanzenwurzeln liefern Pilze Wasser und Nährstoffe, so dass die Pflanzen gut gedeihen sowie weniger anfällig sind gegen Trockenheit und Krankheiten. Pilze tragen zudem als Parasiten von Insekten zum natürlichen Gleichgewicht im Ökosystem bei. Für uns Menschen sind Pilze relevant als Speise- oder Giftpilze, Heilpilze oder Krankheitserreger sowie für biologische Schädlingsbekämpfung oder als Schädlinge an Nutzpflanzen. Sie stellen zudem ein großes Potential dar für die Erforschung bislang unbekannter Stoffe, wie Antibiotika, Farb- oder Aromastoffen, sowie für Enzyme, die biotechnologisch genutzt werden können.

Quelle: BioFrankfurt – Das Netzwerk für Biodiversität e.V.