Pflanzen und Bodenmikroorganismen: Bewirtschaftung von Bergwiesen beeinflusst Belastbarkeit gegenüber Klimaextremen
Die artenreichen Bergwiesen der Alpen sind einem kontinuierlichen Nutzungswandel und häufiger werdenden Klimaextremen ausgesetzt. Anhaltende Dürreperioden werden als größte Gefahr für die Wiesenökosysteme angesehen.
Um herauszufinden, wie eine veränderte Bewirtschaftung die Dürre-Reaktion von Bergwiesen beeinflusst, hat ein Forscherteam des Max-Planck-Instituts für Biogeochemie in Jena zusammen mit internationalen Kooperationspartnern Feldexperimente im Tiroler Stubaital durchgeführt.
Die Ergebnisse der kürzlich im Journal of Ecology veröffentlichten Studie zeigen, dass Landnutzung über verschiedene Wechselwirkungen zwischen Pflanzen und Bodenmikroorganismen die Widerstands- und Erholungsfähigkeit von Bergwiesen steuert.
Bergwiesen stellen viele wichtige Ökosystemleistungen bereit, und das über die Grenzen der Bergregion hinaus. Dazu gehören Futtermittelproduktion, Biodiversität, Erosionsschutz und Trinkwasserversorgung. Zusätzlich besitzen diese Ökosysteme einen hohen kulturellen Wert und dienen der Erholung. Aufgrund gesellschaftlichen Wandels, kommt es seit dem letzten Jahrhundert immer wieder zu Veränderungen in der Bewirtschaftung der Bergwiesen. Besonders gut ist dies in der Alpenregion untersucht, wo örtlich bis zu 70 Prozent der traditionellen Bewirtschaftung aus Beweidung und Mahd aufgegeben wurde. Solche Umbrüche in der Landnutzung haben starke Auswirkungen auf die Zusammensetzung der Pflanzengemeinschaft sowie auf den Boden und die darin enthaltenen Mikroorganismen.
Zusammenspiel von Pflanzen und Bodenmikroorganismen ist wichtig
Indem Pflanzen einen Teil ihres durch Photosynthese gewonnenen Kohlenstoffs an Bakterien und Pilze weitergeben, erhöhen sie deren Aktivität. Dies führt wiederrum zu einer größeren Freisetzung von Pflanzennährstoffen im Boden und zusätzlich ermöglichen Mykorrhiza-Pilze den Zugang zu weiteren Ressourcen außerhalb der Wurzelsphäre. Längere Dürre-Perioden, wie sie für die Alpen vorausgesagt werden, reduzieren jedoch die Kohlenstoffaufnahme und die Zufuhr in den Boden stark. Oberirdisch wird ein Welken von Blättern und Stängeln sichtbar, unterirdisch entstehen Einbußen in der Nährstoffaufnahme durch die Wurzeln. Eine gute Versorgung mit Nährstoffen ist allerdings wichtig, um eine schnelle Erholung der Pflanzen nach dem Ende der Trockenheit zu gewährleisten.
Moderate Bewirtschaftung führt zu schnellerer Erholung
An insgesamt 24 Versuchseinheiten in über 1800 Metern Höhe hat das interdisziplinäre Wissenschaftlerteam aus Deutschland, Frankreich, Italien und Österreich die Kohlenstoffdioxid-Aufnahme und -Verteilung mit Hilfe einer Isotopen-Markierung untersucht. Damit konnten die Forscher während und nach der Dürre den Weg des Kohlenstoffs über pflanzliche Zucker in Blättern und Wurzeln bis hin zur Wurzelatmung und Aufnahme in verschiedene Bakterien und Pilze verfolgen. Zusätzlich bestimmten sie nach der Dürre die Stärke der pflanzlichen Stickstoffaufnahme aus dem Boden.
So konnten die Wissenschaftler zeigen, dass die sparsamere Pflanzengemeinschaft einer brachliegenden Wiese zwar weniger stark auf den Dürrestress reagiert, sich im Gegenzug aber langsamer erholt als die produktivere Pflanzengemeinschaft einer moderat bewirtschafteten Heuwiese. Die höhere Widerstandsfähigkeit der Brache ging einher mit einer größeren Ausbreitung von Mykorrhiza-Pilzen, die mit ihrem Netzwerk aus Hyphen den pflanzlichen Zugang zu Wasser- und Nährstoffvorkommen im Boden verbessern. Die Pflanzen der Heuwiese hatten eine andere Strategie während der Dürre. Sie hielten möglichst viele Ressourcen in Form von Zuckern in den Wurzeln zurück, verloren aber gleichzeitig jede Menge Blattmasse. Nach der Dürre wurden diese Ressourcen wieder frei und die Pflanzen erholten sich schnell. Begleitet war der Prozess von einer erhöhten Kohlenstoffweitergabe an frei lebende Bakterien und Pilze im Boden. Diese sind in der Lage, Nährstoffe aus der organischen Bodensubstanz freizusetzen. Anhand einer erhöhten Stickstoffaufnahme während der Erholungsphase, konnten die Wissenschaftler zeigen, dass die Pflanzen der Heuwiese neu freigesetzte Nährstoffe im Boden effektiv aufnehmen und für den Wiederbewuchs verwenden können.
Widerstands- und Erholungsfähigkeit von Wiesenökosystemen verhalten sich umgekehrt zueinander
“Einer hohen Widerstandsfähigkeit folgt eine langsame Erholung, eine geringere Widerstandfähigkeit geht einher mit rascher Erholung.“ erklärt Stefan Karlowsky, Erstautor der Studie und Doktorand am Max-Planck-Institut für Biogeochemie. Demzufolge lassen sich die Auswirkungen extremer Dür-reperioden auf Bergwiesen durch eine angepasste Bewirtschaftung gezielt regulieren und potenziell vermindern. “Dazu müssen wir noch herausfinden, wie sich unterschiedliche Zeitdauer und Stärke sowie sich wiederholende Dürreperioden auf die Wiesenökosysteme auswirken“, plant Stefan Karlowsky weiter „Wir gehen davon aus, dass sich bei stärkeren oder häufigeren Trockenphasen die gute Erholungsfähigkeit der bewirtschafteten Bergwiesen auszahlt.“ fügt apl. Prof. Gerd Gleixner hinzu. Durch die regelmäßige Mahd sind die Pflanzen daran gewöhnt, mehr Ressourcen in den Wurzeln zu speichern, um diese für einen schnellen Wiederbewuchs zu verwenden.
Die Forschungsarbeiten wurden im Rahmen des EU-Projekts REGARDS durchgeführt (http://www.project-regards.org/).
Originalveröffentlichung:
Karlowsky S., Augusti A., Ingrisch J., Hasibeder R., Lange M., Lavorel S., Bahn M. and Gleixner G., Land use in mountain grasslands alters drought response and recovery of carbon allocation and plant-microbial interactions. J. of Ecology, 2017; 00:1–14. https://doi.org/10.1111/1365-2745.12910
Quelle: IDW-online
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