Springschwänze
Springschwänze (hier Protaphorura armata) spielen eine zentrale Rolle im Nährstoffkreislauf des Bodens. ©U. Burkhardt, CC BY-SA 3.0, IDW

Am 19. und 20. Juli 2017 debattiert der EU-Rat über den Vorschlag der Kommission, die drei meistverwendeten Neonikotinoide ganz zu verbieten. Begründet wird dies mit der schädlichen Wirkung auf Bienen. Doch während sich alle um die fleißigen Helferlein und deren Bestäuberleistung sorgen, findet ein Aspekt kaum Beachtung: Der Boden. Denn der größte Teil des Giftes bleibt dort, wo sich normalerweise eine riesige Zahl von Insekten und anderen wirbellosen Tieren und Mikroorganismen um die Bodenfruchtbarkeit kümmert. Die reagieren meist ebenfalls negativ auf die Gifte. Und das hat Folgen für den Nährstoffkreislauf. Studien weisen darauf hin, dass Neonikotinoide die Leistungen der Arten so schmälern, dass sogar der landwirtschaftliche Ertrag leidet.

„1:0 für die Bienen“ verkündete Martin Häusling, agrar- und umweltpolitischer Sprecher der Fraktion Die Grünen im Europäischen Parlament. Der Umweltausschuss des Europäischen Parlaments hatte am 22. Juni mit großer Mehrheit den Vorschlag der EU-Kommission bestätigt, die drei als besonders bienengefährlich geltenden Insektizide der Neonikotinoidklasse vollständig zu verbieten und einen Gegenvorstoß der Konservativen damit abgeschmettert.

Bereits seit 2013 besteht ein EU-weites Verbot für die Anwendung der drei meistverwendeten Neonikotinoide Imidacloprid, Thiamethoxam und Clothianidin. Allerdings nicht generell, sondern nur für Kulturpflanzen, die von Bienen angeflogen werden, sowie für Mais und Sommergetreide. Ausgenommen sind etwa Wintergetreide und Zuckerrüben, aber auch Gewächshauskulturen. Die direkte Blattbehandlung ist nur zulässig, sofern sie nach der Blüte stattfindet.

Honigbienen zählen nicht zu den Wildinsekten – sie haben Besitzer und eine Lobby

Die Begründung des Verbotes lautet „akute Gefährdung von Bienen“. Der Ausfall dieser Insekten hat Konsequenzen, da diese maßgeblich für die Bestäubung vieler Feldfrüchte und Obstplantagen und damit für die Nahrungssicherheit notwendig sind. So hängen Erntemenge und Qualität von über drei Vierteln der weltweit meist genutzten Nahrungspflanzen voll oder zu einem gewissen Grad von Tierbestäubung ab, schreibt der Weltbiodiversitätsrat IPBES.

Seit Anfang der 1990er Jahre werden Neonikotinoide in der Landwirtschaft und in Gärten gegen Schadinsekten wie Blattläuse, Käfer, Mottenschildläuse und Kleinschmetterlinge eingesetzt. Inzwischen sind sie die meistverwendete Insektizidgruppe weltweit. Größter Hersteller ist der Bayer-Konzern mit so klangvollen Produktnamen wie Calypso (Thiacloprid), Admire bzw. Confidor (Imidacloprid) oder Poncho (Clothianidin). Hauptsächlich wird das Gift in Form von Saatgutbeize angewendet, von wo aus es systemisch in alle Pflanzenteile übergeht – auch in Nektar und Pollen.

Neonikotinoide stören das Nervensystem verschiedener Organismen, vor allem von Insekten, indem sie an den nikotinischen Acetylcholinrezeptor (nAChR) binden und so eine neutrale Reizübertragung behindern. Neonikotinoide sind enorm potent, einige sind bis zu 10.000 Mal giftiger für Bienen als das früher sehr verbreitete Dichlordiphenyltrichlorethan (DDT), das wegen seiner langen Lebensdauer und Anreicherung im Körper verboten wurde.

Doch das Gift wirkt nicht spezifisch auf die Schädlinge. Zwar belegten die Hersteller in Versuchen immer wieder, dass die im Freiland anzutreffenden Konzentrationen in der Regel nicht tödlich für Honigbienen sind, inzwischen ist jedoch klar, dass sie zumindest subletal wirken, also nicht direkt tödlich sind, aber dennoch die Tiere nachhaltig schädigen (Simon-Delso et al. 2015). So zeigten Freilandstudien mit besenderten Bienen, dass Honigbienen durch Neonikotinoide auf ihren Flügen die Orientierung verloren und nicht in den Stock zurückkehrten bzw. beim Schwänzeltanz falsche Informationen zu Futterquellen weitergaben (Fischer et al. 2014). Auch schwächen die Toxine das Immunsystem von Honigbienen und fördere die Ausbreitung von Krankheiten und Parasiten wie etwa die Varroa-Milbe. Dies könne ganze Bienenvölker gefährden, schlossen die Forscher.

80 Prozent weniger Wildinsekten in fünfzehn Jahren

„Um die Honigbiene mache ich mir gar nicht so große Sorgen“, sagt dagegen Prof. Josef Settele vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ. Diese zeigten sich im Verhältnis zu anderen Nicht-Ziel-Arten deutlich weniger empfindlich gegenüber Neonikotinoiden (Rundlöf 2015). Außerdem würden sie als domestizierte Art ja vom Menschen gehegt und gepflegt. Für die Bestäubung mindestens genauso wichtig hätten sich die vielen anderen Bienenarten gezeigt. So gibt es in Deutschland allein rund 550 verschiedene Wildbienen. Weltweit sind es sogar 20.000. Dazu kommen Schmetterlinge, Fliegen, Käfer usw. Deren Zahl schrumpft derzeit dramatisch, warnte der Entomologische Verein Krefeld vergangenes Jahr. Vergleiche der Fangmengen in den Fallen der Insektenkundler in den 1990er Jahren und heute hatten einen Rückgang von rund 80 Prozent, vor allem von Schmetterlingen, Bienen und Schwebfliegen, ergeben. Als Ursache nennen die Autoren unter anderem auch Neonikotinoide.

Nun dürfte der Mehrheit der deutschen Landwirte das Bestäubersterben höchstens ein müdes Schulterzucken abringen. Zumindest aus wirtschaftlicher Sicht, denn lediglich 2,5 Prozent ihrer Erträge hängen laut Weltbiodiversitätsrat IPBES von Bestäubern ab. Dennoch beschränken sich die Kampagnen der Neonikotinoid-Gegner auf die Rettung Honigbiene. Dabei fällt ein ganzer Lebensraum unter den Tisch, der für die hiesige Ernährungswirtschaft vermutlich noch bedeutender sein dürfte: Der Boden.

So werden laut Silva et al. (2017) bei gebeiztem Saatgut nur 1,6 Prozent der Neonikotinoide von der Pflanze aufgenommen. Über 98 Prozent bleiben im Boden und reichern sich dort an. Rückstände davon lassen sich noch bis zu drei Jahre nach der Anwendung nachweisen. Ein Effekt, der von konventionellen Landwirten durchaus geschätzt wird, wirkt er doch längerfristig lästigen Wurzelschädlingen entgegen. Doch während sie den Fraß einiger weniger Schadinsekten verhindern, machen sie auch viele weitere Arten zunichte, deren Leistungen für eine natürliche Bodenfruchtbarkeit nötig sind.

Der Boden wimmelt von Insekten, Milben, Asseln, Würmern und anderen Artengruppen, die dem Landwirt buchstäblich den Boden bereiten. Regenwürmer und Ameisen transportieren abgestorbenes Material in verschiedene Erdschichten, lockern dabei die Erde auf und machen sie aufnahmefähig für Luft und Wasser. Tausendfüßler, Asseln und Milben zerkleinern totes Pflanzenmaterial. Vor allem aber Mikroorganismen wie Pilze und Bakterien bauen das tote Material ab und überführen die Nährstoffe in einen mineralischen Zustand. Pro Hektar werden so bis zu 15 Tonnen organische Substanz umgewandelt. So entsteht Humus, der den Pflanzen die Nährstoffe zur Verfügung stellt.

„Ohne Bodenorganismen wären die Böden überhaupt nicht ertragsfähig“, sagt Hubert Höfer, Bodenökologe am Staatlichen Museum für Naturkunde in Karlsruhe. Die Nährstoffe, die durch die Ernte einem landwirtschaftlichen System entnommen werden, könnten durch Düngung ersetzt werden. Ob und wie lange sie aber den Pflanzen zur Verfügung stehen, entschieden die von Bodenorganismen geschaffenen und erhaltenen Strukturen wie Tongehalt, Poren und Humusgehalt.

Weniger Bodenorganismen können zu beeinträchtigten Ökosystemfunktionen führen

Da Ziel- und Nicht-Ziel-Organismen sehr ähnliche physiologische Eigenschaften besitzen, ist es wenig verwunderlich, dass Neonikotinoide auch im Boden viele „Unschuldige“ treffen. Zumal die Bewohner hier den Giften mitunter wesentlich direkter und vor allem dauerhafter ausgesetzt sind. „Neonikotinoide werden im Zulassungsverfahren der EU wie alle Pflanzenschutzmittel auf repräsentative Arten aller relevanten Lebensgemeinschaften getestet, seien es Vögel, Kleinsäuger, Nichtziel-Arthropoden, Nichtziel-Pflanzen, Wasserlebewesen und auch Bodenorganismen“, meint Prof. Dr. Christoph Schäfers vom Fraunhofer Institut für Molekularbiologie und Angewandte Ökologie. Bei Unsicherheiten oder besonderen Bedenken bezüglich des Wirkmechanismus‘ oder der Anwendungsweise würden weitere Tests bis hin zu Empfindlichkeitsverteilungen zahlreicher Nicht-Standardarten oder Freilandstudien durchgeführt.

Rund 400 Publikationen zu den Auswirkungen von Neonikotinoiden gab es 2012 laut eines Überblicks von Köhler et al. (2013), der weitaus größte Teil davon hat die Gesundheit von Mensch und anderen Säugetieren im Blick. Lediglich rund drei Prozent der Studien betrachten Insekten, und hier dominiert wieder die Honigbiene das Feld. Zu Bodenorganismen finden sich in der Literatur einige Daten zur mittleren tödlichen Dosis, Reproduktionsentwicklung und Verhalten.

Einige davon widmen sich den Regenwürmern. Mit bis zu 80 Prozent der gesamten tierischen Biomasse im Boden sind sie die wohl bedeutendsten Gestalter dieses Lebensraums, zumindest in unseren Breiten. Regenwürmer haben ähnliche neurologische Prozesse wie Insekten und sprechen deshalb ebenfalls auf sie an. Imidacloprid, das als die toxischste Substanz unter den Neonikotinoiden gilt (Alves et al. 2013), heftet sich gerade an feuchte, mit organischen Stoffen angereicherte Bodenkrume an, die Regenwürmer so lieben. Wang et al. (2012a) schätzen das Mortalitätsrisiko durch Körperkontakt für Regenwürmer um mindestens zehn Mal höher ein als durch orale Aufnahme.

Dass die effektive Konzentration im Boden die letale Dosis erreicht, ist bei Regenwürmern allerdings eher unwahrscheinlich. Pisa et al. 2015 weisen jedoch auf ein klares Risiko für subletale Effekte hin. Schon geringe Konzentrationen im Boden von 0,1 bis 0,5 ppm riefen bei Würmern Gewichtsverlust, Eingraben, Vermeidungsverhalten hervor. Realistische Konzentrationen seien zwischen 0,3 und 0,7 ppm. Die Autoren verweisen darauf, dass diese Effekte Auswirkungen auf die wichtigen Bodenfunktionen der Würmer haben könnten. Vor allem fehlten Kenntnisse zu Langzeitwirkungen, da die Stoffe zum Teil lange im Boden nachweisbar seien.

Auch Ameisen krempeln den Boden gehörig um. Sie gehören, wie die Bienen, zu den Hautflüglern, und entsprechend wirken die Nervengifte auch bei ihnen. Zwar verloren sie in Versuchen von Thiel und Köhler (2016) nicht, wie Honigbienen, die Orientierung, allerdings änderte eine der Untersuchten Arten ihr Verhalten auf fatale Weise. So steigerte Imidacloprid die Aggressivität einer eigentlich untergeordneten Art. Die Arbeiterinnen attackierten wesentlich öfter Vertreterinnen einer anderen Art, mit der sie sonst friedlich koexistieren. Dies senkte die individuelle Überlebenswahrscheinlichkeit um über 60 Prozent, was längerfristig das Volk benachteiligen dürfte.

Eine zentrale Rolle im natürlichen Nährstoffhaushalt spielen Springschwänze (Collembola) – zwischen 0,1 und 17 Millimeter große Insekten, die sich von totem Pflanzenmaterial, Pilzen und Bakterien ernähren. Sie erhöhen die Zersetzungsgeschwindigkeit von Laub um bis zu 30 Prozent (A’Bear et al. 2012), unterstützen die Umwandlung von Nährstoffen in aufnehmbare Formen und beeinflussen dadurch auch entscheidend das Pflanzenwachstum (Filser 2002). Genau diese Artengruppe zeigte sich in verschiedenen Studien als besonders empfindlich gegenüber Neonikotinoiden. Eine dreijähriger Versuch von Peck (2009) mit Imidacloprid belegte den Rückgang diverser Gliedertiere, einschließlich Springschwänzen, um 54 bis 62 Prozent. Imidacloprid war dabei zehn Mal giftiger als Thiacloprid.

Bringen Neonikotinoide dem Landwirt am Ende wirklich mehr?

Doch was bedeuten die negativen Auswirkungen auf die Bodenorganismen nun für das Ökosystem Boden? Dies ist bisher so gut wie nicht untersucht worden. Einige Studienautoren vermuten hier entsprechende Auswirkungen auf Funktionen wie Bodenauflockerung und Nährstoffverfügbarmachung, also Leistungen, die wesentlich das Wachstum der Pflanzen beeinflussen.

Eisenhauer et al. (2010) beobachteten in einem Freilandversuch mit Chlorpyrifos (das nicht den Neonikotinoiden angehört, aber ebenfalls systemisch wirkt), dass Graspflanzen unter dem Einfluss des Insektizids weniger gut wuchsen als in der Kontrolle. Unter den untersuchten Bodenarten waren Springschwänze die am stärksten dezimierte Gruppe. Insbesondere deren Ausfall und die damit unterbundene Mineralisierung und Verfügbarkeit von Nährstoffen seien vermutlich für das geringere Wachstum verantwortlich, schlossen die Autoren. Das Ergebnis zeige, wie wichtig eine intakte Artengemeinschaft Zersetzern im Boden für das Pflanzenwachstum sei und dass der Wegfall von Nützlingen die Vorteile von Insektiziden mindestens neutralisieren könne.

Insektizide haben aber alle verschiedene Eigenschaften, weshalb man ein solches Ergebnis nicht einfach verallgemeinern könne, meint Christoph Schäfers. Hier bedürfe es stoffspezifischer Untersuchungen. „Sollte ein negativer Effekt auf das Pflanzenwachstum allerdings auch bei Neonikotinoiden zu beobachten sein, wäre dies ein wichtiger Grund, die Auswirkungen auf die Bodenfunktionen in das Zulassungsverfahren einzubeziehen.“ Seines Wissens würde das Pflanzenwachstum unter Insektizideinfluss im Gegensatz zu Herbiziden im Prüfverfahren bisher jedoch nicht untersucht.

Mindestens zehn Prozent Mehrertrag stellen die Hersteller der Neonikotinoide den Landwirten in Aussicht – ein Versprechen, das offenbar nicht grundsätzlich einzuhalten sein dürfte. Im Gegenteil: Vermutlich hätte ein vollständiges Verbot von Insektiziden wie Neonikotinoiden kaum Ertragseinbußen zur Folge. Dies lässt auch das Ergebnis einer aktuellen groß angelegten Studie vermuten, die knapp tausend französische Bauernhöfe auf die Effektivität ihres Insektizideinsatzes überprüft hat. Im Schnitt könnten 42 Prozent davon eingespart werden – ganz ohne Ertragsverluste, rechnen die Autoren vor.

Natürlich geht es aber auch nicht nur um die Erträge hier und heute. Unsere Böden müssen auch noch viele weitere Generationen ernähren. Doch deren Qualität sinkt. Durch die Intensivbewirtschaftung gehen laut Bundesverband Boden e.V. (2012) in Deutschland pro Hektar und Jahr etwa 20 Tonnen fruchtbaren Bodens verloren, vor allem durch Wind- und Wasserabtrag. Durchschnittlich maximal eine Tonne Humus pro Hektar können jedoch nur jährlich neu gebildet (Blume et al. 2010) – wenn die Bodenorganismen ihre Arbeit machen dürfen.

„Wir vergiften Insekten mit Insektiziden und wundern uns, dass die Vergiftungen wirken“, fasst Peter Neumann, Professor für Bienengesundheit an der Universität Bern die Situation zusammen. Dass politisch noch immer über die negativen Wirkungen diskutiert würde, ärgert ihn. Neonikotinoide seien unspezifische Insektizide, die Insekten töten oder zumindest gravierende subletale Effekte hätten, was inzwischen hundertfach wissenschaftlich belegt sei.

Entsprechend sieht Europaparlamentarier Martin Häusling in dem nun von der Kommission vorgeschlagenen Totalverbot von Imidacloprid, Thiamethoxam und Clothianidin lediglich einen Anfang. Denn es sind bereits weitere Stoffe wie Thiacloprid und Acetamiprid auf dem Markt. Außerdem warte die Industrie auf die Zulassung ihrer Weiterentwicklungen wie Cyantraniliprol, Flupyradifuron und Sulfoxaflor mit dem gleichen Wirkmechanismus. Laut der EU-Risikobewertungsbehörde EFSA könnten auch für diese Substanzen Risiken für Bestäuber und andere Gliederfüßer nicht ausgeschlossen werden. Was man tatsächlich bräuchte, sei eine konsequente Anwendung des Vorsorgeprinzips und somit ein Totalverbot für die gesamte Stoffklasse der Neonikotinoide. Dies sei auch im Interesse der Landwirtschaft selbst, die auf Bestäuber und andere Nützlinge angewiesen seien, so Häusling.

„So funktioniert aber das Zulassungsverfahren von Pflanzenschutzmitteln nicht“, sagt Christoph Schäfers. Im Gegensatz zur EU-Chemikaliengesetzgebung würden im Pflanzenschutz nur bestimmte Anwendungen zugelassen. Im Extremfall könne die Zulassung wieder zurückgenommen werden, wenn Gefahr im Verzuge ist. „Ein komplettes Verbot ist nur möglich, wenn der betreffende Stoff Eigenschaften mitbringt, die eine Risikobewertung unmöglich machen, wie etwa eine sehr hohe Lebensdauer, die Anreicherung im Körper, krebserzeugende, Genom- oder Frucht schädigende Wirkungen, oder wenn nachgewiesen werden kann, dass hormonähnliche Wirkungen Populationen bestimmter Organismen gefährden.“ So bliebe kein anderer Weg als jede neue Neonikotinoid-Substanz durch das aufwändige Zulassungsverfahren zu schleusen. Das sei aus seiner Sicht im Übrigen wesentlich besser als sein Ruf.

Allerdings sollten Zulassungsverfahren auch die Frage nach der generellen Sinnhaftigkeit einer Pflanzenschutzmaßnahme beantworten können – also nicht nur, ob eine Substanz auf die Zielarten wirkt, sondern auch, ob sie am Ende wirklich zu einem Netto-Ertragszuwachs führt. Dazu ist die Einbeziehung sämtlicher relevanter Ökosystemfunktionen notwendig, auch der Bodenlebewesen. Das ist aufwändig, aber bei der Reichweite der ökologischen Konsequenzen nur legitim.

Doch selbst wenn sämtliche Neonikotinoid-Anwendungen untersagt würden: Ein Verbot ist immer nur so gut wie seine Umsetzung. Das bisherige Teilverbot jedenfalls brachte der Insektenwelt bisher recht wenig. „Sowohl Absatz- als auch Einsatzmengen von Neonikotinoiden sind trotz EU-Verbot nahezu gleich geblieben, da von den Mitgliedstaaten immer wieder großzügig Ausnahmegenehmigungen beantragt und von der Kommission genehmigt wurden“, sagt Häusling.

Quelle: IDW-online